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thoreauvian ::: weder Ganzheiten noch Schatten

»ich fürchte dass mein Wissen von Jahr zu Jahr einen deutlicheren und wissenschaftlicheren Charakter annimmt; dass ich, statt Ansichten so weit wie das Himmelsgewölbe zu haben, auf das Feld des Mikroskops eingeengt bin. Ich sehe Einzelheiten, weder Ganzheiten noch den Schatten des Ganzen. Ich zähle einige Teile uns sage: ich weiß.«

(Henry D. Thoreau, Tagebuch III)

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thoreauvian ::: schlichteste Beobachtungen, meteorologisches Tagebuch des Geistes

»Der Dichter muss beständig die Stimmungen seines Geistes beobachten, wie der Astronom die Aspekte des Himmels … selbst der schlichteste Beobachter würde ein paar Sternschnuppen sehen. Eine genaue Beschreibung, die eine unparteiische Person von den Gedanken gibt, die einen bestimmten Geist in siebzig Jahren aufsuchten, ist so, als würde jemand die Zahl und die Art der Fahrzeuge aufzeichnen, die an einem bestimmten Punkt vorbeikommen. Wie Reisende die Welt umrunden und von natürlichen Gegenständen und Phänomenen berichten, so soll ein anderer getreulich zu Hause bleiben und über die Phänomene seines eigenen Lebens berichten – Sterne katalogisieren, solche Gedanken, deren Umlaufbahnen so selten berechnet werden wie Kometen … ein meteorologisches Tagebuch des Geistes. Ihr könnt beobachten was in eurer Breite vorkommt, und ich das, was in meiner passiert.«

»Der Dichter ist ein Mensch der letztlich von der Beobachtung seiner Stimmungen lebt …«

(Henry D. Thoreau, Tagebuch III)

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schneetreiben ::: Winterjournal mash up

… mehr Schneetreiben

… schneeweiß, Sturm der liegende Schneekristalle aufwirbelt, Verwehungen auf den Dächern, Tiefschnee. Tauche meine eine Hand in Schnee um das Gefühl wiederzukennen. Was macht man mit einem so magisch weißen Tag? … | … Zurück aus dem Wald voll Sonne, Farbe und Schnee. Überfroren und dadurch ein unverschlammtes Schreiten über alle Pfade. Endlich endlich einen Zapfenpilz gefunden, in einer unvermuteten Ecke da nicht vermuteten Nadelbaum, und alles voller Meisen und Kleiber und Krähen, ein Mäusebussard, zum Ende ein Rotmilan, und auf der letzten Gerade aus dem Augenwinkel das Gefühl etwas Winzfroschgroßes, oder Grashüpfergroßes dass neben einer Totholzansammlung in eine Ecke außer Sicht hüpft. … ob es eine Winterhafte war? Wenn dem so ist, so bin ich wenigstens froh sie ohnehin auch nach eingehendem Starren in die Ecke nicht gesehen zu haben, so dass es keinen Unterschied machte dass ich ohne Akku war. … | … Mehr Schnee. Der sich darüber spannende Tag noch duster. … | … Wald tief im Schnee, abends, unter sechs, und Schnee Schnee Schnee, Tiefschnee, im Wald bevor es dunkel wird, gar nicht nasser Schnee, feinster Pulverspaß, Langläufer, Gassihunde, teils niedriger als die Schneeverwehungen und drei jauchzende Schwarzspechte. Schnee schnee schnee. … | … Nach Jahren haben wir nun über zwei durchwirbelte graue Tage auch einen wunderbaren Abend mit Tiefschnee im Wald gehabt, und nach längeren Arbeitstagen in den letzten beiden Wochen konnte ich den Stift a.k.a. die Tastatur um halbvier weglegen und mich
in dieses Pulverglück hineinstürzen. Dabei habe ich mich an ein Bild erinnert dass Du mir vor zwei oder drei Jahren von einem verschneiten Waldspaziergang gesendet hast, und wie du noch ganz beseelt von der Atmosphäre dort warst, und dachte, nun endlich endlich, kann ich Dir eines aus magisch weiß veränderten Welt zurücksenden. … auf dem Rückweg sind mir noch drei sich kabbelnde Schwarzspechte begegnet. … und natürlich Jogger, Schlittenkinder, Gassihunde (manche deutlich flacher als die Schneeböen), und Langläufer … | … die noch morgengedämpfte Welt reflektiert heller, monochromes Licht … | … mittags zum Einkauf durch Schnee, zwei Schritte aus der Haustür und man wird von Langläufern umgefahren*, weiteres Ansammeln von Schneeerfahrungen, durch den Wald wie anno dazumals, fühle mich wie neu wie selbst, Enten in Pfeilflug über mir, und Blick aus Fenster vielleicht ein Kormoran längs die Straße entlangfliegend … | … noch anhaltend voll des Jubels weil auch unsere Tieflandsbucht mal wieder tief mit Schnee angefüllt ist … | … heute immerzu die Andeutung aus beinahe Sonnenschein, aber es bleibt ein zaubernder matter Lichtschein … | … der Morgen grauweiß … nun schon so viele Tage, man ertappt sich beinahe dabei, dass nun das Abtauen das neue Aufregende sein wird, weil die Welt dann wieder anders aussieht, wie wir es gestern auch festgestellt haben, der alles bedeckender Schnee, schon allein deshalb toll weil endlich alles mal wieder anders aussieht … | …

Rotkehlchenbegegnung . mittags sehr lange am sonnenflutenden im Schnee liegenden Fluss, sehr nahe und rührende Bekanntschaft mit einem Rotkehlchen. Es hüpft erst sehr nah an meine Kamera, und umtanzt mich minutenlang als ich eine Erle ablichten wollte, Gefühl das kleine Kerlchen hofft ich habe was zum futtern dabei; als ich dann von der Flussbucht hochkam oben auf dem Weg hüpft es nur zehn Zentimeter vor meinem Schuh, ist dann zu einer nahen Hasel geflogen, und zeigt mir einen mit Festgebackenem gefüllten Meisenknödel, von dem es aber nichts herauslösen kann, so sehr es sich auch flatternd festhält. Ich hab ihm was davon rausgekrümelt, es saß unten wartend auf dem Boden und hat zum Mampfen angefangen. So lange Schnee liegt traue ich mich nicht mehr ohne Vogelfutter aus dem Haus … das Gefühl einem hungenden Vogel der sich an mich ranwirft nichts geben zu können ertrage ich nicht nochmal … nie wieder ohne Vogelfutter in den Schnee! … auch wenn es dank des Futterknödels noch halbwegs emotional beruhigt ausging … | … Offenes Wohnzimmerfenster, Wolken hängen hinter und über dem gegenüberliegenden Dach. Das Wort Bewölkung nimmt dadurch noch ein ganz anderes Empfinden an, hängend, Behängung, Bewölkung … | … abends nochmal mit Vogelfutter zum Rotkehlchenplatz. Erst lange Sorge, nirgends ist es zu sehen, – oben sprechen eine Mutter und ihr Sohn auch über ein Rotkehlchen, es scheint also wirklich jeden der mit ein bisschen Muße da rumsteht zu belagern –, doch irgendwann kommt es dann angeflogen, beäugt mein Futter, nimmt vielleicht ein, zwei Körner, scheint aber nicht überzeugt, scheint also nicht am verhungern zu sein, hüpft weiter um mich rum, und haut schließlich ab. Oben begegne ich ihm nochmal, zweiter Fütterungsversuch in eine extra ausgetretene Mulde ruft gelinde mehr Ekstase und begeisterte kleine Tschilps aus, die von einem entfernteren Strauch beantwortet werden, fliegt schließlich zum Futterkugelbaum der zwischenzeitlich mit verschiedenen Futterangeboten überladen ist (wieviele Menschen hat das Rotkehlchen in den letzten Tagen wohl mit traurigen Kulleraugen angestiftet?), vermischelt sich mit Blau- und Kohlmeisen, und scheint an hingeworfenen Haferflocken mehr Interesse zu haben, kommt mir aber dann wieder an einem Ast sehr nahe. Ich biete ihm meine Hand an, 10 cm von ihm entfernt, es fliegt nicht weg, landen will es aber auch nicht. Neue These: ihm ist einfach auch langweilig, und daher beschaut es sich diese zweibeinigen Affen mehr. … | …

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thoreauvian ::: neigung umherzuwandern nachgeben

»wie viele Dinge tragen dazu bei, einen Menschen zu Hause zu halten, zu verhindern, dass er seiner Neigung, umherzuwandern nachgibt! … es einiger Entschlossenheit wie auch Tatkraft und Voraussicht bedarf, um die einfachste Reise zu unternehmen. … wenn ich mir überlege wie viele Dinge ich bequem tragen kann, dann halte ich es für gewöhnlich für das Bequemste zu Hause zu bleiben. …«

(Henry D. Thoreau, Tagebuch III)

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rabenschwarz ::: quorren krächzen ratschen

»… was uns als unschönes Quorren, Krächzen oder Ratschen ins Ohr geht hat für die Krähen, Elstern und Häher einen ähnlich präzisen Klang wie die Stimme des Menschen mit dem wir vertraut sind.«

(Josef H. Reichholf, Rabenschwarze Intelligenz)

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Fotorunde ::: krähenfarben

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