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le guin ::: aus zeit gemacht

»Shevek jedoch konnte mit Dramen nicht viel anfangen. …. erst in diesem zweiten Jahr in Abbenay entdeckte er – endlich – seine Kunst: die Kunst die aus Zeit gemacht ist. Jemand nahm ihn mit in ein Konzert des Musiksyndikats.«

(Ursula K. le Guin, Freie Geister)

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le guin ::: präsequential

Shevek soll etwas auf jotisch sagen und zitiert Keremcho, einen Präsequentialisten, »wenn das Vergehen der Zeit ein Grundempfinden menschlichen Bewusstseins ist, sind Vergangenheit und Zukunft Funktionen des Denkens.«

(Ursula K. le Guin, Freie Geister)

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Fotorunde ::: Natur am Wegesrand

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Fotorunde ::: Mucilago, Fungiskyline, Kugelschneller et al.

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le guin ::: zeit wie das bücherlesen

Shevek »… also wir meinen dass die Zeit vergeht, an uns vorbeifließt. Aber was wäre, wenn wir diejenigen sind, die sich vorwärtsbewegen – von der Vergangenheit in die Zukunft … es wäre ein wenig wie das Bücherlesen … das Buch ist ganz da, gleichzeitig, zwischen den Einbänden …« Einwand, aber faktisch erleben wir alles als eine Abfolge, was soll die Theorie dann nützen? »Aber wir erleben das Universum nicht nur als Abfolge … Träumen Sie nie …? … es scheint so dass wir Zeit überhaupt nur bei Bewusstsein erleben. Ein Säugling kennt keine Zeit; er kann sich nicht von der Vergangenheit distanzieren und nicht begreifen, wie sie sich zu seiner Gegenwart verhält (→ vgl. aus der Zeit gefallen) … beim Erwachsenen funktioniert das Unbewusste noch immer so. Im Traum gibt es keine Zeit, Abfolgen gehen bunt durcheinander, und Ursache und Wirkung werden vermengt. Mythen und Legenden sind zeitlos … wenn … ein Mystiker die Verbindung zwischen seinem Verstand und seinem Unbewussten wiederherstellt, sieht er alles Werden als ein einziges Sein und versteht die ewige Wiederkehr.« Ein anderer Gast wirft ein Zitat eines alten Gelehrten ein, Tebores, achtes Jahrtausend, »das Unbewusste im Menschen ist die Entsprechung des Universums.« → vgl. das eigene innere Selbst in die Unendlichkeit des Universums projiziert, Ludwig Feuerbach, paraphrasiert

(Ursula K. le Guin, Freie Geister)

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Fotorunde ::: woodvember

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montaigne ::: proust plus

Montaigne selbst »so entdeckt zum Beispiel ein kundiger Leser in manchen Schriften noch ganz andere Vollkommenheiten als jene die der Verfasser hineingelegt oder auch nur bemerkt hat, und gewinnt auf solche Weise dessen Werk viel reichhaltigere Aspekte und Bedeutungen ab.

Durch diese Interpretationen und Neuinterpretationen entsteht im Laufe der Jahrhunderte eine lange Kette, und sie verbindet einen Schriftsteller mit allen seinen Lesern die häufig nicht nur das Original sondern auch einander lesen … diese Fähigkeit in der inneren Welt der Leser über lange geschichtliche Zeiträume hinweg weiterzuleben macht ein Werk wie die Essais zu einem echten Klassiker. In jedem Geist wird es auf andere Weise wiedergeboren und verbindet ihn mit anderen Geistern.«

(Sarah Bakewell, Wie soll ich leben? – oder das Leben Montaignes
in einer Frage und zwanzig Antworten)

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montaigne ::: in uns allen selbst lesen

»Pascals Bemerkung »Nicht bei Montaigne, sondern in mir selbst finde ich alles, was ich dort sehe« könnte als das Mantra der gesamten nachfolgenden Wirkungsgeschichte der Essais betrachtet werden. Die Zeiten ändern sich. Jeder neue Leser entdeckt in den Essais sich selbst und fügt damit dem bisherigen Bild neue Bedeutungsnuancen hinzu.« … Malebranche »Der Verstand kann an der Lektüre eines Schriftstellers kein Vergnügen empfinden wenn er nicht seine Meinungen unterschreibt, wenn er nicht wenigstens etwas von denselben mit seinen eigenen vermischt und so dieselben dunkel und unverständlich macht.« … Montaigne, »sah sich als durch und durch gewöhnlichen Menschen … bis auf seine Angewohnheit Dinge aufzuschreiben … genau darum geht es in den Essais: wenn sich niemand in ihnen wiedererkennt, wozu sollte man sie dann lesen?«

(Sarah Bakewell, Wie soll ich leben? – oder das Leben Montaignes
in einer Frage und zwanzig Antworten)

vgl. Proust, in sich selbst lesen

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montaigne–proust ::: Bann unvermittelter Erinnerung

»kurzum, er präsentierte sich als jemand der auf einer Wolke des glückseligen Vergessens durch die Welt schwebte … (dafür konnte er aber Erlebnisse und seine inneren Gefühle, zum Beispiel wie des Reitunfalls, sehr präzise wenn auch nicht in den Details wiedergeben) … der Psychologe Dugald Stewart meinte im 19. Jahrhundert Montaignes schlechtes Gedächtnis habe ihn für diese Art der Beobachtung geradezu prädestiniert. Montaigne war empfänglich für jenes unfreiwillige Sicherinnern, das später auch Proust in Bann schlug: für den unvermittelten Einbruch der Vergangenheit in die Gegenwart, ausgelöst durch einen längst vergessenen Geschmack oder Geruch. Solche Momente scheinen nur dann möglich wenn man tief in das Meer des Vergessens eintaucht, wenn man in der richtigen Stimmung ist und über Ruhe und Muße verfügt.«

(Sarah Bakewell, Wie soll ich leben? – oder das Leben Montaignes
in einer Frage und zwanzig Antworten)

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Fotorunde ::: Mühlpark & Palmengarten Okt 20

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montaigne ::: in sich selbst sehen

»… ich wende meinen Blick nach innen, und da halte ich ihn fest und lasse ihn verweilen. Jedermann schaut vor sich, ich schaue in mich hinein. Ich habe es nur mit mir selbst zu tun …«

(Sarah Bakewell, Wie soll ich leben? – oder das Leben Montaignes
in einer Frage und zwanzig Antworten)

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montaigne–florio ::: konstruktionszentren & ecken

Die ersten Ausgaben der Essais. »sie wechselten zwischen gegensätzlichen Standpunkten und flossen nicht dahin wie ein breiter, mäandernder Fluss der sich zu einem Delta verzweigt wie die späteren Essais; einige hielten sich sogar an das vorgegebene Thema«

»Montaigne selbst gibt zu dass die Titel seiner Kapitel in keinem klaren Zusammenhang zu deren Inhalt stünden: »oft bezeichnen sie ihn nur durch ein bestimmtes Merkmal.« Wenn kein logischer Zusammenhang ersichtlich sei, werde sich »in irgendeiner Ecke stets ein Wort finden.« In den Worten in der Ecke verstecken sich häufig seine interessantesten Themen. Montaigne bringt sie im Text genau da unter, wo sie den Fluss radikal unterbrechen, alles durcheinanderbringen und es dem Leser unmöglich machen der Argumentation zu folgen. … das einzig verbindende Element ist Montaigne selbst. … das Buch ist nicht nur monströs, es erhält seine Geschlossenheit einzig durch das, was bescheiden in den Hintergrund hätte treten sollen: das Subjekt Montaigne. Er ist das Gravitationszentrum der Essais …«

… sein erster Übersetzer in England, Florio, »mit weitschweifigen Widmungen die manchmal so verschnörkelt waren, dass sich selbst die Adressaten keinen Reim darauf machen konnten. … wie Montaigne konstruierte auch er immer kompliziertere Gedankengänge wie eine Spinne … während Montaigne sich immer weiter vorwärtsbewegt dreht Florio sich um sich selbst und verdichtet seine Sätze zu immer enger geführten barocken Windungen, bis sich ihr Sinn in einer komplizierten Syntax verflüchtigt. Der wirklich magische Funke entzündet sich nur dann wenn beide aufeinandertreffen: Montaigne und Florio.«

(Sarah Bakewell, Wie soll ich leben? – oder das Leben Montaignes
in einer Frage und zwanzig Antworten)

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skogtober ::: Auwald & Wiese Okt ‘20

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le guin ::: ammar

… Ein Haustier der Kinder, ein Otter. »seine Augen waren dunkel, goldgefleckt, intelligent, neugierig, unschuldig. Ammar, flüsterte Shevek gefangen von diesem Blick über die Kluft zwischen den Lebewesen hinweg. Bruder.«

(Ursula K. le Guin, Freie Geister)

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le guin ::: schön und verweht, regennasser Wind

»… dass er es schlicht zu eilig gehabt habe; man könne eine ganze neue Welt nicht in ein paar Monaten begreifen. Die Rasenflächen und Wäldchen der Universität waren schön und verweht, leuchtend goldene Blätter, leuchtend goldene Blätter wurden vom regennassen Wind über den weichen grauen Himmel gepustet.« … Liest die Werke von jotischen Dichtern, »jetzt verstand er, was sie von Blumen und fliegenden Vögeln und den Farben der Wälder im Herbst schrieben. Dieses Verstehen bereitete ihm großes Vergnügen.«

»… jedes Mal wenn er ein Tier sah, fliegende Vögel, die herbstliche Pracht der Bäume, überkam ihn diese Traurigkeit und mengte sich in die Freude. Er dachte in diesen Momenten nicht bewusst an Takver, er dachte nicht daran dass sie nicht bei ihm war. Ihm war vielmehr als wäre sie da, obwohl er nicht an sie dachte. So als wären die Schönheit und Exotik der Tiere und Pflanzen von Urras mit einer Botschaft für ihn aufgeladen – von Takver …«

(Ursula K. le Guin, Freie Geister)

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