Jeniferever | 05.12.09 | Ilses Erika

Wir schreiben das Jeniferever-Konzert Numero IV im Sternzeichen der Konsistenz und des andauernden Glücks. Und so wurde vorgschlagen dass als einziger Satz hier stehen solle:

Sie waren wieder da. (III, II)

Gelesen und innerlich gesprochen mit glückvoller Wärme im Gesicht, wäre damit auch schon viel gesagt. Aber nie alles.

Vorspann. Die Luft nieselt und ist Ungemach. Es ist Nacht und das Konzert ist auf 23 Uhr angesetzt. Wir verbringen die erste Wartezeit in der Connstanze und begeben uns 10 vor 23 Uhr Richtung Ilses Erika, treten ein, werden aber wieder vor die Tür verwiesen. Unschlüssig ob die 10 Minuten vor der Tür wartend verbracht werden sollen, fühlt man sich vielleicht in anderen Wetterlagen. Nicht in diesen. So wird die Verlängerung der Karl-Liebknechtstraße entlanggepilgert, auf der Suche nach Unterschlupf. In erwählter Kneipe Nummer 1 scheuen wir den durchqualmten Anblick der anderen Gäste und schwimmen so in ein neues, kleines und feines Wohnzimmer-Kneipchen mit putzigem Fischlogo. 3 Wein, keinen Becherovka und 1 Portwein später hasten wir mit eingezogenem Kopf wieder an den Ort der Verheißung.

Ilses Erika ist nun mit angemessen vielen Zuhörern gefüllt und hinter dem Einlaßtischchen klärt Jeniferevers Sänger leise wispernd etwas mit dem Billetère. Nicht mehr lange können wir entfernt sein vom Beginn des Konzerts, und nicht ungespannt sind wir wie dem mitgeschlepptem Maqui das Dargebotene gefallen wird.

Die Konzertnische, abgesetzt durch eine nur schmal mit Durchlässen durchbrochene Wand, füllt sich. Die Bühne wirkt vollgestopft mit Gerät wie immer, und irgendwann schleicht auch die Besatzung von Jeniferever gemächlich auf die Bühne. Der Sänger kniet sich vor eine Batterie Becks-Flaschen und entkront sie gleich einem Vorbereitungsritual. Ein langes Tourjahr liegt hinter ihnen, und sie erscheinen auf der Bühne wie die Helden einer überstandenen Saga, des Gitarristen Hand einbandagiert, die Entzündung jammert einem entgegen, die Becksbäuche die vorweihnachtlich über den Röhrenjeans hängen künden vom Erfolg wie vom Kampf davongetragene Trophäen.* Gealtert, an Erfahrung zugelegt, scheinen sie fast ein bisschen wie das Abbild der grauen Horde Pratchetts und man weiß sie werden immer weiter kämpfen, niemals aufgeben. Jeniferever, der Name wie eine Verheißung die nie gebrochen wird. Es ist ein Versprechen.

Der Sänger erhebt sich von seinem Vorbereitungszauber und Jeniferever beginnt die Musik zu spielen, der wie kaum einer anderen Magie inne wohnt. Doch manchmal ist die Realität hartnäckiger, und hält eifersüchtig alles fest was in die Fantasie flüchten möchte. Blechern schnirrende Schlagzeugrückkopplungen zerren an den leisen Passagen, und sich überjapsende Pfeiftöne schießen durch den Raum. Niemand hat behauptet dass magiezieren immer leicht wäre. Es gibt solche Tage und andere.

Die Aufmerksamkeit so in der Realität gefesselt, offenbart sich dafür bei Tönen die zuvor selten zuordnenbar waren der Ursprung. Epiphan stellt man fest, dass manch süß wabernder Klang nicht vom Tastentisch sondern von der Gitarre ausgeht, wenn auch nicht jeder. Und wiederum ein bisschen mehr verblüfft ist man von diesem Zusammenkomponieren und Beigemenge winzig kleiner Bestandteile, bis ins Schwebende verlangsamter Sirenen, dumpfen Gezupfe und donnernden Schlägen zu einem sich auftürmenden Gesamtklang.

Je lauter es wird desto weniger werden die störrend schabend ungewollten Geräusche bewusst und so mehr fängt die Magie an zu wirken, auch wenn die Bilder diesmal ausbleiben. Mehr Zeit sich an der Vehemenz und wuchtigen Verve der Gitarrenbedienung zu erfreuen, mit ganzer Kraft des Ausdrucks schrappen die Hände an den Seiten entlang nach unten, die Gitarre wird in drohend angreifender Gebärde über dem Kopf gehalten wie ein Kriegssymbol, die Horde, sie steht kurz vor dem Angriff und wirkt durch solcherlei Ernst in den Gebärden weitaus größer als sie in Wirklichkeit ist.

Irgendwann ist der Traum zuende. Herr Maqui wird gesucht und verstört gefunden. Die Musik für uns ein Bannzauber wider das Böse, die die Welt jedesmal zurechtrückt, sie verursacht bei ihm ein Versinken in unangenehmen Erinnerungen. Das läßt tief und sorgenvoll blicken.

Vielleicht war es ein Fehler danach noch lange zu tanzelektrischer Musik in der Ilse zu verharren, die die Musik von Jeniferever zu verwischen scheint. Flackernd bricht während der doch gemütlich durchplapperten Stunden Betrübnis über das Zerstörwerk auf, irgendwas scheint an diesem Tag nicht wie erhofft. Doch sobald die Einlasstür hinter einem geschlossen, und man tapfer in den Regen hinaustritt, da flammt der Zauber auf, und die sorgsam eingeimpfte Musik erklingt. Die Welt ist wieder zurechtgerückt, und wird es hoffentlich bis in den Frühling bleiben. Denn die Zwischenzeit nach rauschenden Blättergetobe im Herbst, die schlichtweg schal leere Welt bis der erste Schnee fällt, ist eine schwierige Zeit für Magie, ist die schwierigste Zeit für alles.

Two summers passed, but the winters didn’t.
Jeniferever

* Ich denke an Whity und das er nun Jeniferever live lauschen könnte ohne ein störendes Fütterungsbedürfnis zu verspüren.

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