Neue Mieppatze, neue Wörter, keine Zeit. Es ist Mai

01. Gestern auf dem Weg zur Arbeit bin ich einer neuen Mieppatz*-Spezies begegnet. Dort wo normalerweise geliebte Krähen übers Gras hopsen, hüpste eine Horde von sieben 10 Zentimeter kleinen noch nie gesehenen schwarzen Zwitschern mit Stummelschwänzchen über die Wiese. In Erikmanier mit dem Kopf beim einen Schritt vor, und beim nächsten zurückwackelnd. Nach und nach schlich sich die Lösung für diesen Neuvorkommen in mich. Jungkrähenvolk!

Das Foto ist leider ziemlich schwächlich und ich will mich um Gelegenheit auf ein Besseres bemühen. Aber es genügte um auf Arbeit bei der Ornithologin meines Vertrauens nachzufragen. Gut es waren keine Krähen, sondern Stare. Doch Krähe, Dohle, Star. Und dann auch noch in klein. Alles eins.

Wundere mich nur, wo die kleinen Stars nun herkommen, wo ich doch die eindeutig nicht rabenschwarzen Alten noch nie dort rumhüpfen sah.

02. Heute stolpere ich in Kathakis neuestem Eintrag über das Wort Rapucation. Gestern war ich in Horns Erben auf meiner ersten Bas Böttcher-Lesung, nach der eben jenes Konzept auch von irgendwem zur Sprache kam. Hätte ich nur ein wenig mehr Stunden an jedem Tag könnte ich nun all mein Geschriebenes nach Wörtern durchforsten die ich in den neuen Szene-Duden manövrieren könnte. So muss ich es vorziehen mit meinem Sprachclown weiter aus dem Untergrund zu operieren.

Doch Zeit eine Bas Böttcher-Lesung zu empfehlen muss sein. Obwohl mir viele der Surfpoetritiosen seit der Buchmesse begeistert beschrieben wurden, ist es doch nochmal etwas ganz anderes sie wirklich meisterlich vorgetragen zu hören. Wie da mit den Buchstaben in den Wörtern gedreht, gedrechselt und gespielt wird um den Wörtern auf Sinn und Ursprung zu folgen**, ähnliche Wörter aus ganz unterschiedlichen Richtungen zusammengesogen werden und dabei neuer Nachdenkansatz geschaffen wird, ist belebendes Erleben. Als würde man den Kopf aufklappen und die sattbekannte Rügenbrise wischte einmal feucht durch die graue Masse hindurch.

Wobei das Hirndurchwischen vermutlich nur im Vortrag von Bas Böttcher funktioniert, in der so veränderlichen Betonung. Sprechakrobatik, wo sich meine und vermutlich auch einige andere Zungen hoffnungslos verknüddeln würden. Trotzdem denke ich, dass sich auch das selbst Lesen vom Buch weg lohnt. Nicht alles Vorgetragene wird von den Gedanken gleich mitgedacht werden können, und wo für die rhythmische und klangliche Schönheit des Wortes bekommbar gegenüber erhältlich eingetreten wird, da werden noch ganz andere Tollheiten versteckt sein.

Letztes Lobpünktchen. In den Zwischenansagen wird noch deutlicher und sympathischer was natürlich allein aus den Stücken an sich schon klar ist. Wieviel der Handwerker sich mit seinem Werkzeug beschäftigt. Über sein Instrument nachdenkt. Der Sprache, diesem wundersamen siebten Sinn.

03. Das von mir als optimal und als angenehm empfundene Verhältnis von Abenden zu Hause zu Abenden außer Haus von 5:2 wird diese Woche wieder nicht erreicht. Und die Gesamtbilanz der sich ankündigenden Wochen kann ich auch nur mit grummenden Unmut quittieren. Doch was sein muss, muss sein. Neuer Star Trek Film, Norskkurs, Handsome Furs in Berlin, Balkonabend bei Bier und Suppe, Pop-up und Sommerfest zu dem Martin Hemmel von Mr. Mojo geladen wurde, Jeniferever, Trauzeuginnenamt, Wochenende in Oslo, Kristofer Åström, Social Distortion in München, Reise nach Wien und in der Ferne winkt Portugal und der Lesestapel wächst und wächst. Meins ist das nicht. Nein wirklich nich. Schreckelich.

*Wortschöpfung meines Verdrehpoeten
** Wer Bas Böttcher wie ich vor kurzem noch nicht kennt. Das kann in etwa so klingen. Nur besser.

Das Jonglieren mit den Silben in den Wörtern,
und so den Sinn der Wörter näher zu erörtern.

Aber. Eigenversuch macht auf jeden Fall Spaß. Laßt hören!

5 Kommentare
  1. whity · May 9, 2009 @ 18:08

    admini, dein Leben liest sich grausam. Gefüllt mit herzschlagsteigernden Aktivitäten, die dich zwingen die geliebte Hobbithöhle zu verlassen. In nur 5 Zeilen Text vernehme ich Orte wie Berlin, Oslo, München, Wien Und Portugal. Muss ich mir Sorgen machen? Geht es dir gut?!

  2. whity · May 9, 2009 @ 18:13

    Apropos, Stare sind Zugvögel und tollen nur in den sommerlichen Zeiten in LE herum. Nicht wundern, wenn du im Winter nur Krähen siehst. Diese müssten eigentlich schon längst auf dem Weg in kühlere Gefilde sein. Aber heutzutage ziehen ja nicht mal mehr die Zugvögel. Eine Sauerei ist das.

  3. admini · May 9, 2009 @ 19:37

    Deine Worte sind voller Wissen. Stare sind Zugvögel. Nicht dass das Problem der plötzlichen Starkativitäten rund um die Arena wirklich an mir genagt hätte, trotzdem fühle ich mich jetzt viel besser. Die Welt ist wieder ein Stück weit mehr in ihre Ordnung eingerastet.

    Tjaja. Die sich ihrem Namenszug im Wesen widersetzenden Zugvögel sind ein weiteres Zeichen dafür, dass unser Gefüge auseinanderbricht. So kannst Du auch meine mir nicht entsprechenden Reiseaktivitäten als ein Anzeichen dafür werten. ;-)

    Oslo. Babette arbeitet da gerade für tre monader, und hat mich gebeten anzureisen um ihr etwas Norwegisch beizubringen ;-) Det vil blir skikkelig storslått og jeg gleder meg så!

    Wien. Artikel folgt.

    Portugal. Michas Kleine ist noch nienicht geflogen. Daher will er dieses Jahr mit ihr nach Portugal in ein Ferienhaus. Mit Micha in ein Ferienhaus zieht bei uns immer. Vermutlich würde da selbst Familie Krähe nicht nein sagen. Selbst wenn es keinen Kamin geben sollte, wird er schon Männerarbeit im Hause finden, bei der wir ihm entspannt zusehen können. :-D

    Das Bild mit dem nicht ziehenden Zugvögeln ist übrigens klasse. Kann mir so richtig schön einen Comic vorstellen.
    Bild 1: Krähe hüpft durchs Gras, zieht ein bisschen an einem Wurm.
    Bild 2: Wurm: was machst Du eigentlich hier? Es ist Sommer. Du solltest gar nicht hier sein. Du bist ein Zugvogel. Noch ist es nicht zu spät.
    Bild 3: Krähe: der Trick zieht bei mir nicht.

    Gut weniger ein komischer Comic, eher sone Art Schenkelklopfer. Muss vielleicht noch dran gefeilt werden.

  4. kathaki · May 9, 2009 @ 21:53

    Hab beim Schreiben des Artikels die ganze Zeit ganz fest an dich gedacht (ich hätte ihn dir widmen sollen).
    Das liegt wohl daran, dass du erstens meine Lieblingswortakrobatin bist und zweitens hat es mich an den Traum von dir erinnert, in dem ich nur unverständliches “hip-hop” Zeugs geplappert habe. Mit Hilfe des Wikis hättest du mich vermutlich verstehen können. :-)
    Du kannst übrigens den Besuch in Ludwigsburg der Liste hinzufügen. Wir haben heute den Mietvertrag unterschrieben und ziehen nächste Woche um. :-)
    War nicht für den Herbst auch noch ein erweiterter-Herstellerkreis-Wochenende in Lissabon geplant? ;-)

  5. admini · May 10, 2009 @ 14:20

    Ohja, der HipHop-Traum. Da wären in der Tat sehr sehr szenige Wörter drin gewesen, du Hopse. ;-)

    Und heyja. Juhuuu! Rufe Dir aus ferne meine Freude entgegen und hoffe dass ich bald mal das versprochene Telefonat hinbekommen um Wohnungsdetails zu erfahren. Freue mich für Dich dass die Suchqual endlich ein Ende hat, und auf Besuch natürlich auch. Vielleicht dann so im August oder so.

    Könnten dann ja auch über Lissabon sprechen. So halb angeplant ist eine Wochenende-Lissabon und dann unter-der-Woche-raus-aus-der-Stadt-Reise. Das könnte man gut kombinieren. Reise soll so die letzte Juli-Woche stattfinden.

    Wenn nicht begeben wir uns eben vorab schonmal als Trendscout dahin. ;-)