Reise til Oslo fra 5.06.09 til 8.06.09

videre bilder.

Dagen en. Meine Güte wird das früh hell. Bin nachtdunkle Verjalousierung gewöhnt. Wache auf. Pappelallee. Bei Toni. Abends zuvor mit selbst gemachter grüner Pesto med Pasta umsorgt. Flieger geht um 10 Uhr irgendwas. Es ist taghell. Ich habe verschlafen. Doch die Mobiltelefonuhr sagt 4:00. Ich kann es nicht glauben. Ganze 3 Stunden lang nicht, bis mich der langsam zunehmende Straßenverkehrslärm überzeugt, dass es tatsächlich ruhende taghelle Nacht war.

Das seltsame Mädchen am Ticketautomaten. An der S-Bahnstation. Ein Mädchen, Ende 20, mit Koffer vor dem Ticketautomaten. Sie scheint vergeblich mit dem Touch Screen des Ticketautomaten zu interagieren. Sie drückt auf die Schaltfläche für das AB-Zonen-Ticket — nichts geschieht. Sie drückt nochmal. Nichts. Hinter ihr bildet sich eine Schlange. Sie drückt fester. Nichts. Sie hämmert energisch und hektisch mit dem Zeigefinger. Der Automat fordert sie mit roter Blinkerschrift auf endlich eine Eingabe zu machen. Sie möchte das blöde Mistding anschreien, dass sie genau das ja tut. Innerer Aufruhr. Panik. Sie versucht es nochmal, diesmal mit Gefühl. Nichts.

Sie testet eine andere Schaltfläche. Diese funktioniert. Die Schlange hinter ihr wird länger. Hilflos wendet sie sich an den Mann hinter ihr und bittet ihn beschämt für sie auf die AB-Schaltfläche zu drücken, sie vermute die Sensorik sei kaputt. Er sieht sie ungläubig an. Sie hämmert nochmal lustlos auf die AB-Ticket-Schaltfläche.

Der Mann sieht ein, dass er diesem Trauerspiel ein Ende bereiten muss, drückt auf AB, der Preis wird angezeigt. Sie wirkt sichtlich aus der Fassung von dieser unerhörten Begebenheit gebracht, versucht aber souverän Haltung zu bewahren und zahlt. Der Mann beeilt sich, schnell und weit von Mädchen und Automat wegzukommen, sobald er sein Ticket hat, den Bahnsteig entlang bis zum anderen Ende. Weit weg von dieser unfähigen Irren.

Eigentlich sollte es mir egal sein, Hauptsache ich habe mein Ticket endlich. Dennoch empfinde ich Mürrnis darüber eine derart offensichtlich konfuswirre Ausstrahlung auf andere Menschen zu haben. Schließlich kann ich doch nichts dafür dass mir der Automat so widersachend gesinnt war.

Flughafen Tegel. Doch von da an läufts wie geschmiert. S-Bahn, Bus TXL, Flughafen Tegel. Gepäck ge-in-checkt und hier sitze ich. Mit Milchkaffee und Croissant und warte auf den Flug. Warte auf Oslo!

Die Möglichkeit, dass ich vielleicht bis wahrscheinlich meine Mobiltelefon-Pin nicht wissen werde, wenn es darauf ankommt ist nur ein kleineres Ungemach. Nach einiger Zeit die ich nutzlos — wie sich herausstellen wird — damit verbringe alle Leute auf Arbeit in Unruhe zu setzen, um Patrick ausrichten zu lassen wie er mir die Pin für den Notfall an Babettes E-Mail-Adresse senden kann (wieso eigentlich nicht an meine eigene?!), habe ich sogar die Glanzidee mir doch zuvor Babettes Telefonnummer extern auf einem Blatt Papier zu sichern. Nichts kann mehr passieren.

Menschenfracht. Auf den Bussen zu den Flugzeugen hat die DPD Aufkleber angebracht auf denen in großen Lettern steht: »Vorsicht Menschenfracht. Nicht stürzen.« Ich verweile etwas über dem eigenartigen Bild, wie eine Art Kingkong-Lebewesen, gerade dabei den Bus neugierig hochzuheben um ein bisschen mit ihm zu schussern, den Aufkleber sieht, versteht und den Bus daraufhin vorsichtig wieder abstellt.

Erste Eindrücke. Habe aus dem Flugzeugfenster wieder beobachtet wie die Wolkenschatten über die Landschaft fliegen, und dazwischen einzelne Sonnentupfer liegen. Liebe diesen Ausblick, dieses Zurechtrücken der sonst aufs unmittelbar Nahe beschränkten Perspektive. Die Landschaft, die vom Flugzeug aus nicht anders als die Berlin umgebende wasserflächendurchwobene Waldigkeit wirkt, sieht nun vom Zugfenster aus tatsächlich anders aus. Sehr dicht, intensiv grüner, fruchtbarer.

Die Stationen werden jedesmal aufs neue mit Første Statjon angesagt. Norske Lebensphilosophie. Immer wieder alles von Neuem erleben, als wäre es das erste Mal. Überinterpretation.

Im Zug witzelt norsker Schaffner mit 3 Jugendlichen Backpackern. Driving to the city of tigers. Und gibt ihnen frohgesinnt viele Tipps für ihren Aufenthalt in Oslo.

Ankunft Oslo. Bis Babette aus hat bin ich auf mich allein gestellt. Und ich habe eine Kamera. Und ich werde sie einsetzen. Und Schicksals Hand hat mich direkt zu diesem neugebauten Abenteuerspielplatz geführt. Zu diesem Tempel für alle Fotofanatiker. Sie nennen ihn Operaen. Und hier sitze, stehe und fotografiere ich, im Regen und im Sonnenschein, und einem Starwarsfuturistischen Gebäude von dem man immer neue Ausblicke auf die Hafengegend von Oslo samt vorgelagerten Inseln hat. Zusammen mit wechselnden anderen Erwachsenen, die irr grinsend und mit Objektiv vor dem Gesicht langsam übers Gelände toben, oder auf einer der durch die im dreidimensionelem Sinn schräg angelegten Flächen entstandenen, überstehenden Stufen oder Ecken sitzen, liegen, entspannen. Slappe av.

Abends sitze ich ewig mit Babette auf den Steinstufen ihres Lieblingscafés (Literaturhuset) und wir lassen uns von der Sonne anstrahlen. Der Café latte ist nichts anderes als deliziös. Vermutlich der beste Kaffee meines Lebens. Etwas worauf man nicht wartet um dann davon verblüfft zu werden, dass es einem trotzdem widerfährt. Dann durch das das Schloss umgebende Viertel spaziert. Alles Grün, alles Gründerzeit, alles Botschaften, alles ruhig und Idylle.
Später Ausflug in den Supermarkt. Babette erzählt inspiriert durch die diversen Lebensmittel über das lunsj-typische Norwegen, das sie arbeitstäglich erlebt. Im Matpakke: Brunost, Leverpostei, gebratener Fischpudding und Lefser. Berät mich geduldigst bei Mitbringselauswahl. Nur das Øl kann nach 20 Uhr nicht mehr erworben werden. »Øl salg stengt.«

Als wir wieder in ihr Zimmerchen kommen sind die Betten die Babette tags zuvor mühsam bezogen hat wieder abgezogen. Dieses löst bei Babette zuerst ein »Oh Nein!« und danach eine längere Leidenserzählung darüber aus, was ihr in diesem Apartmenthaus schon alles widerfuhr. Ich amüsiere mich unmitfühlender Weise ausgezeichnet dabei.

Norwegen im Sommer hält lange munter. Nachts um kurz vor 12 Abendessen. Erste Brunost-Erfahrung. Anders als in meiner positivkreativen Vorstellung ausgemalt. Ich dachte an eine cremig hellfarbene Käsesubstanz wie es einem das Wort Ziegenkäse suggeriert, die mit einer zarten goldfarbenen bernsteintransparenten Karamellschicht überzogen ist. Es ist nur so eine Art Karamellscheiblette. Befinde es trotzdem als interessante und durchaus wiederholenswerte Erfahrung. Ähnlich wie Erdnussbutter. Um 3 Uhr nachts wird es schon wieder hell.

Dagen to. Früh aufstehen. Frühstück in einer åpen bakeriet mit zwei Freundinnen von Babette. Susanne und Jen. Beide sind jeweils mit einem Norweger zusammen, kommen aber aus Potsdam bzw. Winnipeg. Die Backteilchen in der bakeri sehen alle famos aus. Entscheide mich für ein Mittelding aus Körnersemmelchen und Kuchen. Die Sonne scheint.

Danach Buchhandelsbesorgungen an der Karl Johann Gate. Die Gelegenheit meine norsken Sprachkenntnisse anzuwenden, im mir geliebtvertrautem Umfeld. Durchblättere mehrere ausnahmslos typografisch und herstellerisch wunderfein gemachte Bildbände. Kaufe einen Emily the Strange Comic auf norwegisch. Miljø-festival und Speakers Corner. Mit der T-Bane hoch zum Holmenkollen. Genießen Aussicht über Oslofjord und Lefser. Bemerke Bachstelze. Vorbei an Neubau der Sprungschanze und Troll. Waldwanderweg gesperrt. Wir gehen aufregende ödstaubige 30 bis 40 Minuten eine Hauptstraße entlang nach oben zum Øvresætertjønn. Zitat Babette: »Schön, dass wir den Holmenkollen zusammen erlaufen haben, da war er nur noch halb so schlimm.« An der Endstation ändert sich das Bild. Die Landschaft ist zwar keine derjenigen die einen schlicht umwerfen, aber im Vergleich zur Straße sehr wohltuend. Kleiner See. Natur. Sehen winzige Entenküken. Und Riesenameisenhaufen. Was für ein Bauwerk. Wald ringsum See ist voller kleiner Beerenpflanzen. Ich bin zu früh. Sie blühen erst.

Abends indisch Essen mit Jen und Susanne in Grønnerlokka. No Daddy longlegs in Oslo. Das Viertel wirkt gegenüber dem unreal schönen Charme des Schlossparks wirklicher, lebendiger. Man fühlt sich mehr so wie in Berlin oder in Leipzig. Hin und wieder ein unverputztes Haus. Viel Backstein. Obsthändler. Und der Fluss Akerselva. Das Essen ist ausgesucht lekker. Minzpaste. Curry. Und mein erstes tatsächlicher Chai Latte-Erlebnis, auch wenn ich die Takeaway Chai Lattes weiterhin mögen werde, ist das doch etwas gänzlich anderes.

Noch zu Susanne Schnaps und Fridge angucken. Spazieren durch das nachtlebendige, stöckelnde, aus jedem Haus Party schreiende aber um 23 Uhr noch nicht nachtdunkle Oslo nach Hause.

Dagen tre. Schlafen bis um 11 Uhr aus. Besser ist das. Gestern diesen Müdigkeitsschüttelfrost gehabt und så trøtt gefühlt. Frühstück im Slotts parken. Überall zwitscherts. Atmosphäre schön entspannt, wenn auch bewölkt. Kaffee vom 7eleven. Danach hinab zur Hafengegend Aker brygge. Rathausfotos und Austausch über das Wohl und Wehe sozialistischer Backsteinarchitektur. Wollten eigentlich die T-Bane nehmen, aber vor dem Eingang der Station Teaterplassen stehen Polizei und Feuerwehr und der Eingang ist gesperrt. Hier werde ich morgen zum Flughafen abfahren. Hmm.

Überfahrt in schmucken alten Holz-Lederbank-Fährschiffchen zur Halbinsel Bygdøy. Holzhäuser, Wald, Gullregn, Waffeln, Hunde, Möwen, Strand, Buchten, Wetter, Gänse, Erdbeerpflanzen, Wind und der Geruch nach Meer und Wald.

Abends in den Botanischen Garten. Sehen Drosseln und werden von diversen satten Duftwolken umweht. Beobachten mehrere fleissige Hummeln und bewundern den japanischen Taubenbaum. Noch einen frisch gepressten Apfelsaft in einem Café in Grønnerlokka, im Nachbarzimmer spielt eine post aber nicht sehr rocke Band mit weiblichen Namen in der Bandbezeichnung. Könnte ich noch Eindrücke aufnehmen würde ich sie mir vermutlich gerne ansehen. Mit der Straßenbahn zurück ins Slottsparkenviertel. Das Lautsprechersystem des Fahrers knackt. Eine Durchsage steht an. Der Fahrer setzt an, als ob er die nächste erste Station ankündigen wöllte: »Øhhhh …« und schließt bestimmt mit dem beim Nordmann beliebten Satzbeendigungs- und -Bekräftigungswort: »Da!« Alles lacht. Das war amüsant.

Siste dag. Noch ein paar Bilder vom Nationaltheater, dann mit Lokaltoget zum Flughafen. Wetter bewölkt. Warten auf Checkin. Warten auf die wieder ob des nicht gelingenden Druckausgleichs einsetztenden Ohrenschmerzen, darauf sich wie taub zu fühlen, in diesem Zustand nach der Bushaltestelle vor dem Flughafen Tegel zu fragen die wie durch ein Wunder innerhalb von 4 Tagen verschwunden scheint, und die Antwort in diesem taubnebeligen Zustand kaum akustisch vernehmen zu können. Sich wieder von außen beobachten und wieder irgendwie konfus und eigenartig fühlen, wie der seltsamste Mensch auf Erden. »Häh?« Und die norwegische Flagge die mir Babette vom Nationalfeiertag geschenkt hat vor dem Bahnhof am Spreeufer in den Boden aufstellen. Der Zug nach Leipzig geht erst in 2 Stunden. Hier scheint die Sonne.

2 Kommentare
  1. kathaki · June 19, 2009 @ 17:40

    Du hättest damals auch andeuten können, dass ich in ferner Zukunft ohne die Kenntnis der norwegischen Sprache deinen Blog und vorallem die Bildunterschriften unter deinen wunderschönen Bildern nicht verstehen werde. Dann hätte ich bestimmt den Kurs mit euch besucht und hätte auf das Rumgehoppse zu Juanes verzichtet. :-)
    Weckt ganz schön das Fernweh in mir.

    Liebste Grüße nach Leipzig!

  2. admini · June 23, 2009 @ 12:58

    Ja mensch, wenn ich das gewusst hätte, dass ich mit diesem Hinweis den Ansatzpunkt gehabt hätte Dich in den Norskkurs zu hebeln. Das hätte ich doch sofort gemacht.

    Tja nun müssen wir halt höllisch aufpassen, dass ich nicht zu sehr ins norsk abrutsche, und du auf der anderen Seite nicht in die Sprache der Stuttgarter Szenebronx, nicht dass wir uns irgendwann nur noch mit Händen, Bildern und Füßen unterhalten können :-P

    Sag mal, magst Du für den 18./19.09 ein Leipzig-Wochenende einplanen? Da gäbs so eine Gelegenheit dass Du mir ausgesuchte Tanzschritte zu Juanes beibringst, und ich könnte diese dann ja auf norsk kommentieren. Ja så bra!

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