Helge Schneider | 6.08.09 | Parkbühne

Auch dieser Artikel ist Teil der Initiative für kürzere Blogeinträge*. Nur Lästerer würden dahinter mangelnde Schreibinspiration vermuten. Dies ist, und das muss hier klar festgestellt werden, natürlich mitnichten der Fall. Vielmehr ist die Kürze dieses Eintrags Ausdruck großer innerer und gewonnener Kämpfe Zurückhaltung in der Wortmenge zu üben.

01 Der güldenste Moment. Helge plingt in heroisch entspannter Gelassenheit hinter dem Xylophon stehend, doch gleichzeitig geschmeidig die innere Bewegtheit nach Außen darstellend, aus diesem glockenhell reine und weiche Töne heraus, Klangschlegel und Mikrophon in der Hand haltend. Und im letzten Schlag fällt das Mikrophon aus der Hand auf mehrere Xylophonplatten und erzeugt mit diesen den interessantesten Krachteppich, auf dem man in einem progressives Rockzimmer an die Decke träumend liegen könnte.

02 retlaF. Ohnehin ist Helge dann am wunderbarsten, wenn das Unvorhergesehene geschieht und er dies ohne zu Zögern in sich aufnehmen, durch sich hindurch verarbeiten und das Ergebnis dieses Helgeprozesses sogleich wieder freigeben kann. Wenn in einem Stück, in dem Worte gestisch unterstrichen vor und zurück gespult werden, eine Motte an ihm vorbeiwankt, und das Ergebnis ohne wahrnehmbare Verzögerung als retlaF – thcaN–retlaF aus seinem Mund flattert.

03 Bühnengerüst. Doch natürlich braucht jedes Programm ein Gerüst. Es kann nicht nur aus Improvisationen bestehen. Und so ist Helge auf dem schönsten Betonhalbrund das er sich vorstellen kann, mit Blick auf diese wundersam rührenden Wellblechdächer der Parkbühnenumbauten, von einem Bühnengerüst umgeben, und bietet zwischen diesen Goldmomenten auch starr haltendes Programmgerüst dar, dessen Humor man auch in beliebigen Fernsehsendungen nicht anders zu sehen bekäme. Natürlich unterhaltsam. Doch nicht das was glänzt. Und doch ist es immer noch Helge, der diese Witze bringt. Und das ist gut. Und dabei ist er Meister der Show in souverän altem Charme, und manchmal mit Rosen und weißem Anzug und satt füllenden Schlagerklang auf den Lippen. Und in diesem Bild liegt irgendeine flirrende Unschärfe, so dass man gleichzeitig den Klamaukanten darin schimmern sieht und darüber liegend erhabene Tanzchoreografie genießen darf. Er kann alles sein und ist all das gleichzeitig. Ein wahrhaft großartiges Schauspiel.

04 Bewegung und Biegsamkeit. Verrenkend verblüffend biegsame Tanzdarstellungen werden jedoch nicht nur von Helge offeriert, sondern in gezielten Momenten noch vom heimlichen Star der Aufführungen gewissermaßen als Nachtisch gereicht. Sergei Gleithmann. Gott. Speedyogist. Katze. Kakadu**. Gebannt fassungslos und entrückt kann man in diesen Momenten nichts anderes tun als den Bewegungen dieses glitzernden Wesens zu folgen. Ein Blick weit zurück in das Beginnen unseres Menschseins, und ein Blick nicht ganz soweit zurück in das Kindsein des eigenen Menschwerdens, als es noch gangbar war, als das was einem die Phantasie gerade eingab durch das Leben oder zumindest das Zimmer zu huschen. Ehrfürchtig und spieltriebsehnsüchtig die Größe betrachtend die es braucht, sich über das Jetztsein hinweg- und wieder in das Grundwesen zurückzuversetzen.

Ein Sergej Gleithmann Tanzvideo.

* … geplant gewesen.

** Gerne würde ich ja auch ein Video des Hr. Gleithmann als Kakadu verlinken. Doch sobald man bei YouTube Kakadu eingibt, werden nur noch die der echten tanzenden Kakadus ausgegeben, was in geradezu spiegelnd umgedrehter Weise das Gegenteil dessen ist, was Hr. Gleithmann tut. Und ganauso herrlich ist.

Rocking Kakadu.

Headbanging Kakadu.

9 Kommentare
  1. kathaki · August 9, 2009 @ 20:51

    Das was H. Gleithmann da tanzt sieht ein bisschen aus, wie der Tanz den wir in der Volkshochschule einstudiert haben. Nur eben mit Juanes zur musikalischen Untermalung. Du erinnerst dich doch noch, an die störende Musik im Norge Kurs ;-)
    Hätte doch mal im Büro vortanzen sollen. An den Kakadu komme ich allerdings leider noch nicht ran. :-(

  2. admini · August 10, 2009 @ 17:00

    Hihi. Wenn Hr. Gleithmann den Kurs gehalten hätte, hätte ich auch norsk dafür sausen lassen.

    Tip für Kakadutanz: Du musst Deine eine Hand als Kamm benutzen, um die Ähnlichkeit mit dem Tier herzustellen. Ein Jammer dass ich hier kein geeignetes Lehrmaterial von Hr. Gleithmann bei YouTube finde.

  3. walte · August 10, 2009 @ 20:07

    Brandneu! der Kakadu in Dresden!
    http://www.youtube.com/watch?v=_n8SHjUEO30&hl=de

  4. admini · August 11, 2009 @ 09:29

    Ohjaa. Und vom selben Nutzer gibt es auch das Katzeklo samt Mietz:
    http://www.youtube.com/watch?v=mL5EcOMTMS4

  5. kathaki · August 12, 2009 @ 19:31

    da habt ihr aber glück gehabt, dass ihr noch ein video gefunden habt. sonst hätte ich euch wohl bitten müssen, selbst vor die kamera zu treten und mir den hand-macht-kamm-von-kakadu-tanz vorzuführen :-)

  6. admini · August 13, 2009 @ 17:11

    Na Du wirst lachen. Ich bin fest davon ausgegangen dass wir jetzt alle fleissig zu Hause üben und dann auf Michas Geburtstagsfeier den Kakadu zum besten geben.

    Dabei?

  7. kathaki · August 13, 2009 @ 20:41

    aber klar doch. besorgst du die gymnastikanzüge ;-)

  8. admini · August 15, 2009 @ 12:17

    Besorgen? Hab ich doch stapelweise Zuhause. :-)

  9. kathaki · August 17, 2009 @ 20:25

    jetzt krieg ich angst. ;-)