Neurosis | 2.07.13 | UT Connewitz

Terra Tenebrosa. Ein gellender knochendurchdringender und markgefrierender Schrei trillert aus der Fratzenmaske des Sängers. Das ist der Anfang und der Höhepunkt. Die anderen Mitglieder der Band sind ebenfalls äußerst venedisch und fein anzusehen, haben sich in dunkle Kutten gehüllt und feindurchsichtiges Tuch um ihre Köpfe gehüllt. So ein bisschen wie Tuareg, nur ohne Sehschlitz. Es ist ordentlich laut, gibt ordentlich viel Gitarre, der Sänger deklamiert. Doch zuckelt es, gewollt, sicherlich, mehr oder minder in gleichbleibenden Tempo dahin. Nur ein Lied gibt etwas mehr Schwung, der Schlagzeugvermummte gibt mit einem schnellen Lauf über die Highhats die Geschwindigkeit vor, die anderen Mummenschanzen jagen hinterher.

Neurosis, die Halbgötter sind wieder auf der Bühne, ein Festtag wie vor zwei Jahren. Gewaltig, krachend, laut, melodiös, kann der ganze Sound mit einem Mal so herzerweichend sanft werden, wie die Stimme von Angelo Badalamenti wenn er davon erzählt wie David Lynch bei ihm war, damals, um mit ihm die Titelmelodie für Twin Peaks zu erschaffen, und das Herz möchte einem übergehen vor süßem Glücksgefühl. Der Tastenknecht haut wieder mit Inbrunst auf seine Werkbänke ein, die wankend übereinander mit einem Eisengestell verschraubt sind. Etwa nach dem dritten Lied muss er einen Schraubenzieher zücken, um seine Boards schreiten und, von einer kleinen Minileuchte irgendwo an seinem Kopf erhellt, das Gestell wieder fachmännisch festzurren. Auch dies ein herzergreifender Augenblick, in einem Konzert, dass diesmal zwar ohne Zugabe, und ohne Dreimanntrommelkunst auskommen muss, aber trotzdem kein Sehnen offen lässt.

Und nur für den Fall, man wäre an diesem Abend unsäglich, keinesfalls botmäßig, zutiefst bedauerlich jenseits menschlicher Vorstellungskraft zu erschlagen, himmelschreiend müde, unbrauchbar matt gewesen, um das Konzert gebührlich auszukosten, könnte man sich sicherlich folgenden Konzert-Proshot aus Paris zum Nachträumen genieserisch in den Gehörgang drehen. Ja, dies wäre durchaus zu empfehlen.

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