PGI Expeditionsbericht & Trivialnotizen | España del Norte | 18. bis 28. September

Keine Postkarten! Keine Bilder.

Al Norte

In Serpentinen umwaldet bis auf 2000 Meter und wieder hinunter, durch mehrere kleinere Siedlungen mit ausgeprägt typisch anmutender Holzbauweise hindurch. Institutsmitglieder bekunden übereinstimmend sich gefühlt in Österreich zu befinden. Dann durch die karge (Un)ödnis der gelbroten Erde, verpuffte Immobilienblasen, hie und da ein vergessenes oder wiederaufgeforstetes Steineichen- (Quercus ilex) oder Pinienwäldchen (Pinus pinea). Doch vornehmlich geistzermürbende ununterbrochene Weite bis zum Horizont, wie ein in den Anfängen des Terraforming befindlicher Mars.

Diese sich in den roten Weiten bis zum Horizont beinahe selbst verlierende Landschaft der Meseta, bis zu den sie einfassenden Gebirgsauffaltungen, die schon Rudolf Staub kaum loszulassen schienen, man ist versucht zu sagen, wer sie einmal erlebt, der will sie verstehen.

Und so nimmt es kaum Wunder dass in Folge auch im Institut Nachforschungen nicht ausblieben, die zum einen eben jenes ergreifende Epos Rudolf Staubs über die Geologie Spaniens zu Tage förderten.

Aufs Wesentliche reduziert scheint die Landschaft aus zwei Komponenten zu bestehen. Der roten Erde und den umgebenden Gebirgen. Da zu den Gebirgen kaum etwas den Ausführungen Herrn Staubs Hinreichendes ergänzt werden kann, sei hier nur auf den zweiten wesentlichen Bestandteil kurz eingegangen. Der berückende und bezaubernde marsianische Rotton der Terra Rossa gehört, wie zuallererst festgestellt werden muss, und wie in der Wissensbibliothek Wikipedia auch klar nachzulesen ist, zu den Terrestrischen Böden! Der Rotton ist wahlweise oder kombiniert durch aszendente, autochthone oder allochthon-aeolische Vorgänge entstanden. Das kapillare nach oben »sickern« von Eisen- und Aluminiumhydroxid aus dem Gesteinsuntergrund, das Auswaschen von Carbonaten aus dem Ausgangsgestein und dem somit in Relation erhöhten verbleibenden Eisengehalt (beides im Tertiär vor maximal 15. Mio Jahren angesiedelt), oder, noch jünger! Durch eine größere Menge aeolisch übertragenen roten mineralischen Staubs aus der Sahara- und Sahel-Region vor etwa 12 000 bis 25 000 Jahren. Die Einzelheiten dieser Umlagerung mehrerer Tonnen Staubs bleiben hingegen ungeklärt. Normales Windverhalten und viel Zeit? Zyklone? Ein Agens aus dem Weltraum möchte daher an dieser Stelle und unter dem Einfluss von Neal Stephensons Amalthea nicht vollends ausgeschlossen werden.

Später endlich wieder Berge am Horizont, und dann durch Tunnel hindurch und es wird grüner und grüner und humider und es wird Meer.

Im Autó! bricht sich die psychische Anspannung der Institutsmitglieder zwischen Roadkrankheit, Ödnis der Landschaft, Dauer der Autofahrt, lalaa und Autó!-Ausrufen in Form von Wahnsinn ihren Weg zu spontanen mehrunstimmigen Gesangs, Jaul, Mäh- und Muhtönen in sich übereinandertürmenden Crescendi.

An dieser Stelle sei angemerkt dass das vom jüngsten Expeditionsmitglied zu dieser Zeit wohl spontan komponierte Meisterwerk »ba ba baaa!« gerade aufgrund seiner berückenden Einfachheit eine erstaunlich langanhaltende Wirkmacht besitzt.

Und dann, angekommen. Strand mit Sand und Felsen vulkanischen Ursprungs oder auch nur kalkgetufft, unschwer auch für Laien zu erkennen, das eine oder eben das andere. Fischluft, Wind, … und immer noch Sonne. Nächtlicher Ausflug zum Meer. Es ist barfußwarm, wir existieren im Rauschen der Wellen, der wohltuenden Stille, und dem über uns gespannten Sternenhimmel. Auch ruhelos forschend und notierender Geist verstummt hin und wieder archaisch gebannt in Ehrfurcht wenn er am Meer steht und in diesen kleinen Ausschnitt der unvorstellbar gewaltigen H2O-Masse blickt, von der er weiß dass sie sich über den ganzen Globus spannt.

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