Maria Taylor | 23.02.17 | Moritzbastei

Die lange Jahreszeit hat uns mal wieder an den Strand gespült.
Die Meteoriteneinschläge häufen sich im Vergehen der Gezeiten.
Doch das Energiepotential steigt wieder an. Der Frühling in uns regt sich. Der kreisende Lauf des Jahres beginnt von Neuem …

Der Konzertverteiler bringt die durchaus mehrfach deutbare Information des Kollegen A., er habe bereits eine Karte für das Maria Taylor-Konzert erstanden. Die Dame, die vor Jahren im Rahmen der Sit down and Sing-Reihe mit Kristofer Åstrom und Wolke einen sehr feinen, unaufgeregten, vielleicht stellenweise fast ein wenig zu unaufgeregten, noch ruhenderen Pol in einem ohnehin sehr gemütlichen Konzertabend gab, nur mit ihrer Gitarre und nur mit ihrer Stimme in der Moritzbastei … es wird das perfekte Konzert sein, um die stille Jahreszeit zu beenden, und spät in das nächste Konzertjahr zu gleiten.

Ein vorbereitendes Einhören erhöht die Vorfreude. Die Stille der Musik scheint in Aufruhr. Und je weiter man hört, so klarer wird, dass Maria Taylor nicht nur eine zarte musikalische Saite (!) hat. Die oft geradezu fruchtgummisüßen Popsongs haben weithin mehr Drive und Schwung als die Erinnerung es hergab, sind voll ansteckender Energie und immerzu jung bleibender Lebenslaune.

Und das Konzert beginnt mit einem der in dieser Hinsicht vielleicht beispielhaftesten Songs, wie es wunderbarer nicht beginnen könnte. Song beneath the song (it’s not a love song). Ordentlich durchgeschrammelt. Die Dame kann durchaus auch in gediegenem Krach. … vor allem ist die Dame mit Band, Mann, und Kindern unterwegs. Vor allem mit Band.

Und so wird der geruhsame Konzerteinstiegsabend ordentlich durchgewirbelt.

Im Romanzyklus »die lange Erde« von Terry Pratchett und Stephen Baxter wird eine Wirklichkeit beschrieben, in der die Erde auf der wir uns befinden, wie auf einer Perlenkette aufgereiht mit allen anderen Wahrscheinlichkeiten der Erde verbunden ist. Durch angeborene Begabung, oder mithilfe eines Geräts, kann man einen Schritt »seitwärts« gehen, und landet dann in Erde West 1, oder Ost 1, usw. Die nahen Erden sind unserer Erde sehr ähnlich, je weiter man geht, desto mehr Veränderungen in der Geologie, des Klimas und der entstandenen Lebewesen gibt es. Die Ausgangserde der Menschheit wird als Datum bezeichnet. Der Vorgang von einer Erde zur nächsten zu gehen als Wechseln. Die Geschwindigkeit des Wechselns von einer zur nächsten Erde wird in Schritten pro Sekunde bemessen. Je stärker man die Schrittzahl erhöht desto mehr verschwimmen die immer neuen Iterationen möglicher Seinszustände der Erde zu der Gesamtheit der Erden an sich.

Miss Taylor wechselt durch die lange Musik. Es ist als würde man ihrer Entwicklung durch die Musik folgen, wie sie immer neue Wege in diesen Welten erkundet hat, und zurückblickt wie sie durch diese Musikwelten gewechselt ist. Fröhlich, traurig, nachdenklich, Americana, Folk mit dreifachen Backing Vocals durch ihre Bandkollegen, Blues, Pop, Rock, in wehmütigen Songwriterstücken, wirbelnder Postrock, und in all dem natürlich, eine sehr besonders zarte Stimme in einer willenssturren Persönlichkeit. Insbesondere die krachenderen Stücke sind voller spannender Einsprengsel, Klänge, Plingen, Flirren und Wabern aus den Saiteninstrumenten. In einem der Postrockstücke wenden sich Schwester und Bruder einander zu, und schrammeln begeistert fetzend um die Wette. Am Schlagzeug geschieht einiges, March Drum, wilde Trommelstrecken und andere Akzente. Die Erinnerung wechselt mit jeder Veränderung durch vergangene Konzerterlebnisse, da ist das Jeniferever-Gefühl, Kristofer scheint oft zugegen, und durch den so sichtbaren gemeinsamen Spaß den die Band zusammen hat: Moneybrother. Überspringende Freude aus dem entspannt harmonischen Eindruck der Band.

Gerade durch den Wechsel durch die Musik hätte es keinen besseren Jahresauftakt geben können. Und sehr zum Ende hin ein außergewöhnlich kluges, aufwühlendes und beruhigendes Lied, pretty scars, darüber wie wir durch besonders prägende Erlebnisse immerzu neu geboren werden. Ein neues Selbst aus dem alten entstanden ist.

Der Weg nach Hause wie losgelöst. Im alternativen Meeressound der im nächtlichen Wind rauschenden Bäume wird die Seele auf ein Neues angestupst. Aufgehoben. Angehoben. Der Wind verbindet sie mit vielen Vergangenheiten, er reicht sicher bis nach Porto.

Das vierte Elemente zieht wieder an der Seele … der Geist könnte sich jeden Moment mit lösen und davontreiben. Gedanken anregend, lostretend, loseisend. Es ist die Art Wind die etwas in der Seele freisetzt.

Bereit. Belebt. Und frei.

Neue Runde.
Die lange Jahreszeit hat uns mal wieder an den Strand gespült.
Die Meteoriteneinschläge häufen sich im Vergehen der Gezeiten. Nach einiger Zeit bildet sich das Leben in den Kratern der Seele neu. Besonderes Leben. Was hier wächst ist widerstandsfähig und zart.

Oh dieser Wind! Dieser prächtige Wind.

I was born on a Friday, back in 1976
To a singer and a teacher
Who at the time where a perfect fit
They gave me, what I needed
To go out on the road
And the song, still rings like an echo

And i stay here forever
Like the strum on your first guitar
Time, gave me steady wings
Gave me Love
Gave me all these pretty scars

I was born on a Wednesday, back in 1999
Your heart stopped beating
Right before you you were alive

I was changed ever since that day

And i’ll stay here forever
Like the gleam on a silver star
Time, like an endless stream/swing (?)
Gives me love
Gives me all these pretty scars

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