perec ::: die ins Auge gefasste Sache

Einführendes Kapitel sehr meta und gedankenvoll über das Puzzeln … und vermutlich die Welt …

»… die ins Auge gefasste Sache – ob es sich um einen Akt der Wahrnehmung, einen ersten Versuch, ein physiologisches System oder in dem uns interessierenden Fall um ein Holzpuzzle handelt – ist keine Summe von Elementen, die man zuerst einmal aussondern und analysieren müsste, sondern eine Gesamtheit, das heißt eine Form, eine Struktur: Das Element existiert nicht vor dem Ganzen, es ist weder gleichzeitig noch älter, es sind nicht die Elemente die das Ganze bestimmen, sondern das Ganze bestimmt die Elemente. Die Kenntnis des Ganzen und seiner Gesetze, der Gesamtheit und ihrer Struktur könnte nicht aus der gesonderten Kenntnis der sie zusammengesetzten Teile abgeleitet werden: … dass man den Baustein eines Puzzles drei Tage lang ansehen und glauben kann, alles über seine Konfiguration und seine Farbe zu wissen, ohne auch nur im Entferntesten weitergekommen zu sein. … nur die zusammengefügten Teile erlangen die Eigenschaft der Lesbarkeit, bekommen einen Sinn: Einzeln betrachtet hat der Baustein eines Puzzles keine Bedeutung; er ist nur eine unmögliche Frage, eine undurchsichtige Herausforderung; doch kaum ist es gelungen … in einer ungewöhnlich inspirierten Halbminute … zu verbinden, verschwindet der Baustein, hört auf als Baustein oder Einzelteil zu existieren: Die gewaltige Schwierigkeit die diesem Zusammenrücken vorausgegangen ist und die das Wort Puzzle – Rätsel – auf Englisch so treffend kennzeichnet, hat nicht nur keine Daseinsberechtigung mehr, sondern scheint nie eine gehabt zu haben, so sehr ist sie Selbstverständlichkeit geworden: Die beiden auf wunderbare Weise miteinander vereinigten Bausteine sind zu einer Einheit geworden, die nun ebenfalls Ursache für Irrtum, Zögern, Verwirrung und Hoffen ist.«

… und unsere Welt ist in gewisser Weise genau andersrum, und doch geht alles in ihr auch aus einem Ganzen hervor. Vgl. auch Wissenschaft. Schön auch die Beispiele, wie die Schwierigkeit über die Motivzonen schwankt, an den Rändern, Lichtflecken, klar eingekreiste Gegenstände, bis zu »widerwärtigen Schwierigkeiten, … wolkenlosem Himmel, … Sand, … Wiese, … Schattenzonen«.

(Georges Perec, Das Leben Gebrauchsanweisung)

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