le guin ::: wahrheit aus lauter unsinn

»Ja. Gewiss. Schriftsteller trachten, zumindest in den Augenblicken des Mutes, nach der Wahrheit … aber sie nähern sich ihr auf einem höchst eigentümlichen und verschlungenem Weg, indem sie Personen, Orte und Ereignisse erfinden, die es nie gegeben hat und nie geben wird, und indem sie von diesen Fiktionen detailliert und ausführlich und mit viel Gefühl erzählen, und wenn sie es dann geschafft haben, dieses Bündel Lügen aufzuschreiben, sagen sie: da! Das ist die Wahrheit! …

… Bei der Lektüre eines Romans, jedes Romans, müssen wir uns völlig darüber im Klaren sein, dass es lauter Unsinn ist, und gleichzeitig doch, solange wir lesen, jedes Wort glauben. …

Wenn wir schließlich fertig sind damit, stellen wir vielleicht fest – falls es ein guter Roman war –, dass wir ein bisschen anders sind, als wir es vorher waren, dass wir uns ein wenig verändert haben … aber es ist schwer zu sagen, was wir erfahren haben, worin wir verändert sind.«

(Ursula K. Le Guin, im Vorwort zu Die linke Hand der Dunkelheit)

vgl. Woolf, gequirlter Unsinn.

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