Fotorunde ::: Bam-Berg/Stadt/Wald Jun 20

… mehr Bergstadtwald

Nachdem der frühste Tag geruhsam beginnen kann fällt mir mit einem Mal die Goerdelerbaustelle ein, und ich muss losspurten … Waldplatz ii gibt an dass erst in neun Minuten eine Bahn kommt, und in einer halben Stunde bereits der Zug, ich bin sehr verblüfft ärgerlich dass mir so etwas passieren kann, und beschließe weise die ganze Strecke zu laufen. Am Hotel über mir im Himmel ein kreisender Raubvogel, meine Erinnerung jubelt, Turmfalke, und er gibt sehr possierliche Töne von sich, wie wenn jemand mit zu wenig Puste in eine Trillerpfeife bläst! Nach etwas mehr als fünfzehn Minuten am Bahnsteig, erleichtert, die Welt ist noch bedeckt doch wird gleich überm Land tiefsonnenblau werden, voller unterschiedlichster Wolkenvölker, wattig, weit auftürmend, vereinzelt, Bänder, solche wie Rillenmuster im Sand die das zurückziehende Wasser zurückgelassen hat, feine Nebel, wo sind meine Wörter dafür hin, Cumulus, und Cyrus …

Die Fahrt sehr geschwind und ruhig mit in die Landschaft blicken vorbei, besonders angezogen dieses Mal von all den Nadelwäldern von denen ich noch dachte bald auch in einem zu sein, und spiegelnden Gewässern, einmal sehe ich viele Gänse herumplantschen oder müßig auf Halbland sitzen, manche mit kleinen Bauminseln darauf. Beim Aussteigen, Kinder und zwei Mütter im Zug, sie sprechen abwechselnd türkisch, dann wieder deutsch, und wirken herzerfrischend tiefenentspannt, manchmal wie in einem halben Satz wechselnd, bittet die Kinder einem Mann der vorbei will Platz zu machen, Junior empört: der hat in mein Auge genießt!, — nein hat er nicht, wird er von seiner Mutter korrigiert, er hat in seinen Ellenbogen genießt.

Dann am Bahnhof hinaus, treffen und drei Stunden anhaltender Austausch, im empfohlenen niedlichen Hinterhofcafe zu dem smartphonelos perfekt navigiert wird. Im Ausschnitt des Himmels über dem Cafe hie und da Gezwitscher und Geflatter, und danach die vielen kleinen Gassen und Plätze und Regnitze und Brücken und zauberhaften Bamberganblicke hindurch. Leider kann ich später die Treppen mit dem Knäuel, zumindest sehr sicher es war einer, nicht mehr finden, bin aber schon sehr angetan wieviel in Bamberg an den Pflasterkanten wachsen darf … irgendwann biegen wir dann langsam zurück zum Bahnhof, und ich darf noch einen Bamberger Hauseingang mit kleinem begrünten Hof bestaunen, am portugiesischen Labdanum riechen, und einem kleinen Erdenbürger den kleinen Finger geben wodurch sein ganzes Gesicht in einem Lächeln aufleuchtet.

Noch ganz beseelt und beschwingt hinein in den zweiten Teil des Bambergtages, durch die wie ich an einem Museum erfahre Gartenstadt hindurch, in allen Ritzen gäbe es Gräser, und Gänsedisteln, und Vogelmiere, und Glockenblumen, weitere gelbe Korbblütler, auffallend viel Mauerlattich, höhere Lage?, kanadisches Berufkraut und alles alles was ich in und auswendig kenne, doch ich beginne erstmal nur mit einer sehr verschwommenen, da mit falscher Linse im falschen Abstand fotografiert, Aufnahme von einem Glitzerkäfer, Kopf dunkelblau, Körper dunkelbordeau, dem ich zu diesem Zweck bis meine Kamera so weit war, mit meiner Schuhsole Unterschlupf angeboten habe. Ein Coup! Doch danach bekomme ich nur die Chance auf ein einziges Bild. Schöllkraut, und bunte Häuser, und Pflastersteine und blauer Himmel, und ohne Schatten ist es zunehmend stechend heiß, und wieder am ersten Flußarm, Brücke weiter westlich, Weg am Fluß mit übersatt mit Wildblumen wuchernden Wiesenhängen, doch zu flirrend als dass man davon ein sinnvolles Bild machen könnte, Eselsdisteln, und Graukresse, und hüfthoch und dicht, eine Krähe mit interessanten grauen Flecken auf den Flügeln, sehr viele Erlen am Fluss, waren da auch Weiden? Sicherlich, aber nicht so viele wie hier, dafür ist die Innenstadt von Bamberg auch mit vielen Linden versehen. Und überall hängen Spatzen drin.

Es wird zunehmend mehr Hitze, und mehr Anstieg, und ich suche mir meinen Weg zum Wald, lande in einem Glückstreffer in einer engen Gasse, auf der einen Seite eine sehr hohe Mauer, ein bisschen wie der Aufgang zum Altenburger Schloss, nur enger, über mir Mauersegler und ein leider zu winziger Raubvogel, vielleicht in Milvus-Form, den ich niemals scharf bekommen kann, und ein sehr spannender Zierbaum mit Quasten dran, und viel Gesumme. Außerdem Grünfinken und andere Singvögel. Vorbei an einem Aufseesium! Alles sieht überhaupt nicht so aus wie von mir angedacht, ich dachte doch ist man erstmal oben, erstreckt sich dahinter eine weite flache Ebene und man kommt über die Wiese zum Wald, doch alles ist steil, nach oben, nach unten, ich komme an einer Jakobskirche vorbei, vermeine Stieglitze zu hören, doch genau in die mögliche Tonaufnahme kämpft sich ein Wohnmobil die steile Straße hoch, lande schließlich in einer Gegend die schon wie Dorf aussieht, ein Hanggarten erinnert mich an Hesse, Beetreihe über Beetreihe mit Pflanzen, auffällig Farne, bepflanzt, es geht eine Treppe daneben hoch und ich lande auf einer Sommerwiese! Mit Obstbäumen, und denke ja, nun bin ich schon an der Wiese, doch der Weg den ich einschlage führt wieder zu dörflich steilen Straßen und weit über mir sehe ich den Wald immerzu. Doch wie hingelangen? Und am Weg der sehr dichten Wiese entlang keine Chance den Weißling, Trauerschweber, oder einen von relativ vielen dunkelbraunen Faltern abzulichten, und hinein tatsächlich kaum möglich, verlockend, zu sehr Sommer, zu dicht. Verschiebe es auf den Rückweg, den ich dann zwar nochmal um die Wiese hätte verlängern können, aber aufgrund kurzzeitiger Illusion keine Akkuleistung mehr zu haben nicht gemacht habe. Vielleicht finde ich an einem wieder schattigeren Stück aber ein Kammgras!

Weiter eine Dorfstraße hinauf, die Aussicht, Kinder spielen unter der Mittagssonne, ein Mädchen bereitet irgendeinen Stand vor, ich muss mich nun etwas abgekämpft doch mal versichern dass da oben ein Zugang zum Wald möglich ist, ja, und weiter bergan, und irgendwann: der Wald! Beim Eintritt rieche ich Nadelwald, obwohl ich abgesehen von Lärchenzapfen keine einzige Nadel, geschweige denn einen Baum sehen werde, und auch nur 500 Meter bis zu ersten Biegung schaffen werde. Immer steil bergan, am Anfang gleich mit Ginster belohnt, und ich sehe eine dunkle Grille weghüpfen, und ich lerne die ersten Mücken kennen, die sehr bestimmt in ihrem Vorgehen sind. Ehrenpreis, Robinien, unerwartet, Buchen, Eichen, Ameisen (glänzende Holzameisen?!), Moose, Kratzbeeren, Ruprechtskraut, Gräser, alles bekannt, und wie in Pönitz das schöne Gefühl die Karte zu füllen, von beinahe jedem taxonomischen Ast etwas, nur mögliche Säugetiere versäumt, dabei wären Hunde, Fahrradfahrer, Jogger und Spaziergänger zur Auswahl gestanden, je steiler die Wege, desto mehr Fahrradfahrer, die spinnen, die Bamberger!, und archäologisches Gefühl, Buschwindröschenherden, und ich kann mir vorstellen wie der Wald im Frühjahr aussieht, immer mehr dieses Erkennen des Waldes beim Hindurchgehen, dieses intensivere Erleben und Wissen im Hintergrund zu haben, die Phantasie weiter reichen lassen zu können als das was man gerade in ihm sehen kann, ist ein säglich belohnendes und erfüllendes Gefühl, das was aus den letzten Monaten und Jahren herausgekommen ist und immer noch mehr wird. Enhancement.

Irgendwann geht der Akku langsam nach unten, bei den Wolfsspinnen oder bei der Wanze schon?, und ich wechsle um mit tiefem Erschrecken festzustellen dass auch dieser Akku schon bei 30 Prozent ist. Fassungslos. Erschüttert. Ich hatte ihn doch voll aufgeladen? Was mein ich noch nicht weiß ist, dass es sich selbst austrickste, durch geschicktes Rumhantieren nicht den neuen Akku sondern den alten eingelegt hat. Vielleicht das Unterbewusstsein das wusste, mit einem neuen Akku, kommst Du nicht mehr aus diesem Wald, die wirst nicht die Stärke haben umzukehren. Und so verbleiben wenige Bilder, glücklich kann eine der Grillen festgehalten werden, und ein Rotkehlchen noch, der ein oder andere Pilz, eine Pizza und Tomätchen werden pausierend verzehrt und es fing auch schon an etwas schwummrig zu werden. Und so heißt es Abschied aus dem Wald nehmen und mit zunehmend jauchzenden Füßen die steilen Wege zurück durch die Stadt zum Bahnhof zu suchen. Irgendwo im Zurückweg die Entdeckung dass ich noch einen ganzen Akku habe, als der eine schließlich nicht mehr nur auf Null sondern voll erschöpft ist, ich wechsle, und sehe: 100 Prozent. Was mir noch viele viele Aufnahmen von mittelalterlichem Gemäuer ermöglicht, erfrischt, beseelt, ich sammle einen Nonnenpunkt, sie strahlt mich aus einem Fenster heraus an, hindurch durch die Stadt voller Menschen, Touristen, in Restaurants und Cafes, einen perfekten Sommertag ausklingend lassen, auf den Brücken die Jungen die sich treffen zum Flirten und Beisammensein, so viele stöckelschuhgewandete Frauen in mit wenig Stoff wallenden Gewändern, italienisches Flair, aber auch viele Normalies, die entspannter und flacher tragen, an einem Brunnen packt eine Malerin gerade ihre Sachen zusammen, Regensburggefühl, Wasserglitzern, Tauben, Mauersegler, Spatzen, ein kurzes Zurück über die Gartenstadt zum Zug, und voller Erleben und Gedanken, und doch das Gefühl jetzt in der National lesen zu können, zurück nach Leipzig, wieder am Zoo aussteigen, und noch durch das Rosental im Abendlicht, der Tümpel sieht wild aus mit seinen Rohrkolbenfeldern, eine Bachstelze am Weg, und ganz ohne Umweg über den Rechner zum lesenden Herrn Walte, alles erzählen!

Nun wohlan, es ist Zeit das nicht nur in meinem Gedächtnis gelagerte Material zu sichten!

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