Gesucht: Van Eck Screening für Träume

Bin mit einem bereits angebrochenem Moleskine-Heftchen zur langen Zugfahrt nach Innsbruck aufgebrochen. Schließlich könnte ja jeder Moment derjenige sein, in dem dem eigenem Geist von unbekannter Quelle die Lösung offenbart wird. Die Lösung für alles. Und falls es einem jemals so ergehen sollte wie Fenchurch in den Anhalter-Romanen sollte man vorbereitet sein. Und hoffen dass einem die Erde nicht im selben Moment um die Ohren fliegt.

Nun jedenfalls bin ich in diesem Heftchen gerade auf nachfolgend wiederzugebende Traumnotiz gestoßen, wie auf ein fremdes Artefakt. Nur nach und nach konnte ich es wieder als der eigenen Erinnerung zugehörig akzeptieren. Ah so a Schmarrn, wia wir in Innsbruck dazu sagn datn. Aber auch so kann ich mich nur äußerst vage an den Traum wiedererinnnern. Er war vollkommen aus mir gelöscht. Und schon damals beim Aufschreiben habe ich ihn nicht mehr ganz zusammenfügen können.

Mit zeitlichem Abstand gelesen finde ich die Geschichte so abstrus, dass ich sie in dieser sich momentan aufschwingenden Kategorie kundtun möchte. Da die Geschichte ein recht abgefahrenes Potential zu bergen scheint, dass durch mangelnde Erinnerung nie ausgeschöpft werden kann, erhöht sie in mir den Wunsch nach Van Eck Screening-Maschinen für Träume. Wie mühseelig immer den letzten noch erinnerbaren Fetzen nachzujagen. Ja. So eine Traumüberwachungsmaschine die Träume anhand elektrischer Ströme des Gehirns für den Eigenbedarf aufzeichnen könnte, und einem morgens vielleicht noch die Zusammenfassung ausdruckt und ans Bett bringt, das wärs.

Bis es soweit ist, ist dies alles was bleibt:

Ich konnte mich nach dem Erwachen nun schon mehrmals daran erinnern, dass in meinem Traum Van Eck Screening eine Rolle spielte.* Meine Träume sind oft ein Gemisch aus Menschen mit zwielichten Absichten und solchen ohne; Und selten weiß man wer zu welcher Seite gehört, meist nicht einmal welche Seite die Eigene denn wäre. Verfolgungsjagden durch Wälder, Schluchten, Rohrsysteme sowie Kämpfe und Geheimaufträge bestimmen das Leben meines Traum-Ichs und stehen dort anstrengernderweise an der Tagesordnung.

Zum Beispiel heute. Unterwegs, evtl. in einem Boot auf einem Abwasserkanal, oder in einer dunklen Höhle. 2 oder 3 Menschen sind mit an Bord. Einer davon bedroht mich und die anderen. Vielleicht sage ich ihm einen geheimen Code, kann mich aber später nicht daran erinnern. Schon im Traum scheint diese Szene verschwommen wie eine schwindende Erinnerung des Protagonisten — in etwa so wie man filmisch Rückblenden darstellen würde. Einer der Reisenden wird bei einem Kampf verletzt. Vielleicht ein kleiner geheimnisvoller Junge mit wissenden Augen.

Später im Hauptquartier, einem anonymen Bürogebäude. Alle sind aufgehetzt. Der Code ist geknackt. Irgendwer Van Eck-screened uns und hat so den Code erfahren. (Wiedersprüchlicherweise lautet der nächste Eintrag in meinen Aufzeichnungen: Derjenige der den Code verraten hat, muss gefunden werden, sofern er nicht schon getötet wurde. Anscheinend ist das Van Eck Screening nur eine These von vielen, wie der Code in die Hände der Feinde geraten konnte und die aufgescheuchten Agenten wollen keine Möglichkeit ausschließen. Sehr vernünftig.)

Blick in ein Büro. Graue Aktenschränke oder Spinde an der Wand. Grau irgendwie der ganze Grundton des Büros. Eine Frau kommt zu Ihrer Kollegin und will ihr etwas im Schrank — im Kasten — zeigen. Kollegin guckt und wird von ihrer Kollegin durch Spock’s Griff bewusstlos in den Schrank gesunken.

Ich bin nun nicht mehr im Bürogebäude, sondern in etwa in meinem Kinderzimmer. Ich kann nicht schlafen und versuche mich zu erinnern ob ich den Code verraten habe. Habe Angst überhaupt daran zu denken, weil sie ja meine Gedanken erraten könnten (ich sage nur Screening). Trotzdem muss ich darüber nachdenken, und um darüber nachzudenken benötige ich Licht. Aber egal welches Licht ich anknipse, immer brennt die jeweilige Glühbirne schon im nächsten Moment durch.

Draußen fährt beunruhigendes, lautes Fahrzeug (vermutlich eine Erinnerung an die dörfliche Müllabfuhr die meinen gesegneten Ferienausschlaf gerne gestört hat) verdächtig langsam an meinem Fenster vorbei und ich habe Angst ertappt zu werden — beim Denken. Wenn sie sehen dass das Licht an ist, wissen sie dass gerade jemand denkt und fangen an zu van ecken. Denn Licht signalisiert ja, dass gerade jemand denkt. Hihi. Träume sind manchmal so schön zu durchschauen wenn man wach ist. Die Verbindung: wenn Licht an ist, denkt jemand geht bestimmt auf die Glühbirnchen zurück, die in Comics an Personen gemalt werden, die gerade einen Einfall haben. Ich bin jedenfalls froh dass das Licht immer durchbrennt. Schließlich sollen sie ja nicht wissen, dass ich noch wach bin.

Ich versuche mich weiter zu erinnern und drehe hierzu am Radiosender. Empfange dabei verdächtige Gespräche (Ohja. Auf einer bestimmten Empfangswellenlänge hat man früher als ich Kind war immer so verrauschte Gesprächsfetzen vom Privatfunk aufgefangen. Erinnert sich da noch wer?). Vielleicht kam auch erst an dieser Stelle das Van Eck Screening Element in meinen Traum.

Irgendwann in dieser ewiglangen Traumbahn wird auch der Faden um den geheimnisvollen kleinen Jungen aufgenommen. Es gibt die Möglichkeit durch Körpertausch (der wohl immer auf einer Seite unfreiwillig ist, da der Tod des einen notwendig ist, um dem anderen in dessen Körper das Weiterleben zu ermöglichen) Leben zu retten. Entweder soll der kleine geheimnisvolle verletzte (Mönchs?)-Junge gerettet oder geopfert werden. Ich denke eher gerettet. Und anscheinend kann durch Anwendung dieses Verfahrens auch herausgefunden werden, wer den Code verraten hat. Der Junge nähert sich jedenfalls von anderen Mönchen (?) gestützt einer unterirdischen Station in einer Wüstenlandschaft und wird eingelassen.

So oder so ähnlich. Ende der Aufzeichnung. Ich geh wieder von Ion Tichy lesen. S’gscheider.

* Traum begab sich wohl kurz nach oder während der Lektüre von Neal Stephenson’s Cryptonomicon

3 Kommentare
  1. michbag · February 26, 2009 @ 13:01

    Moni! Der Plot ist nicht schlecht. Vielleicht hat Dich da im Traum eine Muse gestreift, angerempelt oder ist Dir an die Karre gefahren und das ist der Anfang Deines eigenen eposartigen-Roman-Zyklus (hoffentlich nicht so eine Art Muse wie bei unserem Freund Martin Silenus aus Simmons “Hyperion”). Ich bin gespannt und bleibe dran… Man weiß ja nie!
    Van Eck Screening fetzt!!! Ach, was für Möglichkeiten würden sich damit auftun (aber auch welche Gefahren!?)…

  2. whity · February 27, 2009 @ 18:14

    Moni! Der Plot ist nicht schlecht. Vielleicht hat Dich da im Traum eine Muse … Huch!! Michbag hat ja zufällig genauso angefangen wie ich. Oder träume ich das hier nur?!
    Ich kann mich leider nur sehr selten an meine Träume erinnern. Aber es kommt relativ häufig vor, dass ich nachts im fast Halbschlaf bin und dann meinen Traum mehr oder weniger steuern kann. Ich habe die Option aufzuwachen oder irgendwie weiterzuträumen. Ich kann mich z.B. erinnern, dass ich beim pilgern in einem Riesenschlafsaal in meinem Bett saß, die Augen offen hatte und mich mit imaginären Leuten (laut) unterhalten habe. Das kam mir dann im Traum “spanisch” vor und ich beschloss, doch lieber aufzuwachen um zu sehen, ob das wirklich ein Traum ist oder ich den Mitpilgern mit meinem Gequatsche auf den Keks gehe. Ich glaube ich habe da sogar gebrochen spanisch geträumt.
    Deine Story erinnert mich irgendwie an “1984″ von George Orwell. Habe ich immer noch nicht zu ende gelesen!

  3. admini · March 2, 2009 @ 16:55

    … ich glaube ich bin noch nicht wieder ganz gesund. ich sehe alles doppelt vor meinen augen verschwimmen …

    Entschuldigt die lange Antwortzeit. Ich lag brach danieder und konnte mein Blogchen nicht pflegen.

    Bevor die Krankheit ausbrach wollte ich noch soviel recherchieren. Z.B. ob es in der deutschen Ausgabe wirklich Screening und nicht Phreaking heißt? Blick ins Buch. Ja. :-( Auch in der deutschen Ausgabe steht Phreaking. Aber Screening ist ja auch sehr anschaulich. ;-)

    @michbag 1 Jedenfalls bemerke ich, dass es sehr vorteilhaft und synergetisch ist, dieselben Bücher zu lesen, um sich dann ohne viel Erklärens komplizierteste Dinge vermitteln zu könnnen. ;-)
    Und ich bemerke, dass ich Hyperion und Co wohl noch ein paar Mal lesen muss, um alles zu verinnerlichen. Kann mich eigentlich kaum mehr an die Muse erinnern. Was hat die fürchterliches gemacht?

    @michbag 2 Ja. der Plot ist nicht schlecht. 3 Dinge hindern mich am Weiterschreiben
    a) ich weiß nicht wie es weitergeht und das alles zusammenhängen soll
    b) ein ganzer Roman ist ziemlich viel Arbeit ;-)
    c) ich weiß nicht wie es weitergeht und das alles zusammenhängen soll

    @michbag 3 was für Gefahren “würden” sich mit Van Eck Screening auftun? :-P

    @whity Juhuu. Danke! Das ist die Lösung! So könnte alles zusammenhängen. Habe von 1984 auch nur die ersten paar Seiten gelesen. Aber gerade den Inhalt auf Wikipedia überflogen. Da kann ich mir ja genau das was mir noch für einen Roman fehlt zusammenkl… ähähe

    :-)

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