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perec ::: nur ausnahmsweise auf begründetes Wissen verweisen

»Die folgenden Seiten vermögen nichts anderes zu sein als Anmerkungen: eine mehr intuitive als organisierte Ansammlung verstreuter Fakten, die nur ausnahmsweise auf begründetes Wissen verweisen. … Brachland der beschreibenden Ethnologie … unter der Rubrik Verschiedenes eingeordnet, Dringlichkeitszonen bilden, von denen man lediglich weiß, dass man so gut wie nichts über sie weiß … banale, mit Stillschweigen übergangene, nicht angenommene, sich von selbst verstehende Fakten: dabei beschreiben sie uns selber, auch wenn wir glauben, uns ihre Beschreibung ersparen zu können …«

(Georges Perec, Lesen: sozio-physiologischer Abriss, in: Denken/Ordnen)

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perec ::: spröde/geheime Spiegelungen seiner selbst

»Seit langem schon hatte ich das gleiche auch mit meinen Träumen getan. Lange vor Beginn meiner Analyse war ich nachts wachgeworden, um sie in schwarze Hefte zu schreiben, von denen ich mich nie trennte. Sehr schnell war ich zu einer solchen Übung gelangt, dass mir die Träume bereits fertig geschrieben in die Hand kamen, einschließlich ihres Titels. Wie groß auch immer meine selbst heute noch vorhandene Neigung für diese spröden und geheimen Aussagen ist, bei denen die Spiegelungen meiner Geschichte über unzählige Prismen zu mir zu gelangen scheinen, habe ich schließlich doch akzeptiert, dass diese Träume nicht erlebt worden waren, um Träume zu sein, sondern geträumt, um zu Texten zu werden, dass sie nicht der Königsweg waren, für den ich sie gehalten hatte, sondern gewundene Wege, die mich jedes Mal stärker von einer Erkenntnis meiner selbst entfernten.«

(Georges Perec, Orte einer List, in: Denken/Ordnen)

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perec ::: Archivar des Alltäglichen

»… so spielt eine gewisse Geschichte meiner Vorlieben (ihre Fortdauer, ihre Entwicklung, ihre Phasen) in dieses Projekt mit hinein. Genauer gesagt, es ist wieder einmal eine Art und Weise meinen Raum abzustecken, eine etwas umständliche Annäherung an meine tägliche Erfahrung, eine Möglichkeit über meine Arbeit zu sprechen, über meine Geschichte, über meine Sorgen, das Bestreben, etwas zu erfassen, das zu meiner Erfahrung gehört, nicht als spätere Reflexion, sondern im Augenblick ihres Zustandekommens.«

»bis das Buch seinen endgültigen Platz findet oder wiederfindet … das man aber … anlässlich des nächsten großen Ordnens einstellen will … was mich angeht so sind dreiviertel meiner Bücher niemals richtig eingeordnet worden. Diejenigen Bücher die ich nicht endgültig provisorisch eingestellt habe, sind wie bei Oulipo provisorisch endgültig eingestellt worden. Einstweilen trage ich sie von Raum zu Raum, stelle sie von einem Regal ins andere … und es kommt vor dass ich drei Stunden lang nach einem Buch suche, ohne das ich es finde, dabei aber die Genugtuung erlebe, sechs oder sieben andere zu entdecken, die ihren Zweck ebenso gut erfüllen.

… Wie Borges’ Bibliothekare … schwanken wir zwischen der Illusion des Vollendeten und dem Rausch des Nichtfassbaren. Im Namen des Vollendeten wollen wir glauben, dass es nur eine einzige Ordnung gibt, die uns ermöglicht, auf Anhieb zum Wissen zu gelangen; im Namen des Nichtfassbaren wollen wir denken dass Ordnung und Nichtordnung zwei gleiche Wörter sind, die den Zufall bezeichnen. Es kann aber auch sein dass beide Lockmittel sind, Augentäuschungen, dazu bestimmt, den Verschleiß der Bücher und der Systeme zu verschleiern.«

»Gleichzeitig erfolgte so etwas wie ein Bankrott meines Gedächtnisses. Ich hatte auf einmal Angst vor dem Vergessen, als ob ich nichts, es sei denn, ich schrieb es alles auf, von dem dahinfliehenden Leben zurückbehalten könnte. Jeden Abend begann ich peinlich genau … eine Art Tagebuch zu führen: es war das Gegenteil eines intimen Tagebuchs; ich hielt darin nur das fest, was mir an Objektivem widerfahren war: die Zeit meines Aufwachens, … Einzelheiten über das Essen …, meine Lektüre, die Schallplatten, die ich mir angehört, die Filme die ich mir gesehen hatte. … sinnlose Angst, meine Spuren zu verlieren, war begleitet von einer Wut, zu bewahren und zu ordnen.

… Von der Bewegung selbst, die … mir Zugang zu meiner Geschichte und zu meiner Stimme verschaffte, sage ich nur dass sie unendlich langsam war … musste die Mauer der übernommenen Erinnerungen abgetragen erden, mussten meine grüblerischen Refugien zu Staub zerfallen …«

(Georges Perec, Anmerkungen hinsichtlich der Gegenstände die auf
meinem Schreibtisch liegen, und: Kurze Anmerkungen über die Kunst und Art
und Weise seine Bücher zu ordnen, und: Orte einer List, in: Denken/Ordnen)

→ vgl. auch Musil, Verwalter der Wirklichkeit

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thoreauvian ::: aus dem dichten dunklen sumpfigen Wald

Fragt in welcher Beziehung der Herbst-Löwenzahn zum Frühlings-Löwenzahn steht. Bemerkt strengen Geruch nach Rainfarn. Verweis dass er vielen unangenehm ist weil er manchmal mit in den Sarg gelegt wird. Nicht viel Hartheu. Dreiblütiges Labkraut. Fieberstrauch, einblütiges Ohnblatt. »ich komme aus dem dichten dunklen sumpfigen Wald wie aus der Nacht in den Tag. Da ich nicht mehr an das Tageslicht gedacht hatte, war ich überrascht zu sehen wie hell es war. Ich hatte Licht genug, deuchte mir, und hier erleuchtete eine Nachmittagssonne die gesamte Landschaft. Es war überraschend für mich zu sehen wie viel heller ein gewöhnlicher Nachmittag ist als das Licht, das einen dichten Wald durchdringt.«

(Henry D. Thoreau, Tagebuch III)

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eulenberg ::: glücklich im Jetzt der Natur

kindliches Staunen, erfüllendster Sinn, demütiges Lauschen, kontemplatives Beobachten ohne die Natur ändern zu wollen, Zustand in dem die Gedanken ruhiger werden und Gefühl innigsten Glücks und Gemeinschaft …

»… So kann etwa ein erlebter Waldspaziergang … man weiß nie, was einen hinter der nächsten Wegbiegung erwartet: ein Sperber der gerade Beute schlägt … das Glitzern des Eisvogels ließ mein Herz höherschlagen, wenn er wie ein fliegender Edelstein an mir auf meinen Bachwanderungen vorbeizischte …«

… einschlafen und die erfüllenden Naturerlebnisse Revue passieren lassen. … wie man in der Natur dieses ganz besondere, leichte, ganz-man-selbst-sein-Gefühl bekommt … »dann rieche ich wieder normal, kann klar sehen, deutlich hören und bewusst fühlen.« → vgl. Thoreau wie lange muss ich durch den Wald gehen um im Wald anzukommen. »… bin wieder im Hier und Jetzt. Und glücklich ist man nicht gestern oder morgen, sondern nur im Jetzt.«

(Dominik Eulenberg, Mikroorgasmen überall)

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piranesi ::: miteinander vermanscht

eine Welt »wo Architektur und Meere miteinander vermanscht waren«

(Susanna Ckarke, Piranesi)

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piranesi ::: stadtvisionen

»… ich schien an einer Kreuzung vieler Straßen zu stehen. Dunkler Regen strömte aus einem dunklen Himmel auf mich herab. Lichter, Lichter, Lichter funkelten überall! Die Lichter waren bunt, und alle spiegelten sich auf dem nassen Asphalt. Gebäude erhoben sich zu allen Zeiten. Autos rasten vorbei. Wörter und Bilder waren auf die Gebäude gemalt. Dunkle Umrisse füllten die Straßen; zuerst dachte ich, es wären Statuen, aber sie bewegten sich, und ich merkte, dass es Menschen waren. Tausende und Abertausende von Menschen. Mehr Menschen als ich mir jemals hatte vorstellen können … diese Vision hatte einen Namen und ihr Name lautete … aber gerade als das Wort am Rande meines bewussten Denkens schwebte, verschwand es, und mit ihm das Bild. Ich war wieder in der realen Welt.«

(Susanna Ckarke, Piranesi)

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stadtwaldmensch ::: laienhafte Erkenntnisse notieren

Ruppiner Wald- und Seengebiet, »eine Gegend voll stiller Vergangenheit, die sich weniger an historischen Baudenkmälern zeigt als an der Weite des Landes … Robinien hielt ich ganz am Anfang für Espen … mehr oder weniger naturblind … von nun an widmete ich mich ausschließlich der Vogelbeobachtung und notierte meine laienhaften Erkenntnisse auf liniertes Papier um das Ganze nach Arbeit aussehen zu lassen … unglaublich wie viel die alle fressen! Habe sie umgetauft in Mönchwanstmücke, Ranzenkleiber, Vollfettmeise … jedenfalls erschien mir auch das Reh, wie die Vögel, zu volatil um mit ihm ernsthaft zu reden … die beiden schauen mich an und fressen dann weiter, als wäre ich nur ein Baum der ein bisschen rauscht … seither herrscht Fressfrieden … so vergingen die Tage, die Abende, die Nächte. Ich war mit dem wenigen was geschah, völlig zufrieden. Es geschah ja immer etwas, nur eben wenig, mehr hätte ich gar nicht gewollt.«

(H.D. Walden (pseud.), ein Stadtmensch im Wald)

Espe, Aspe oder Zitterpappel (Populus tremula) ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Pappeln (Populus).

wikipedia

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knausgård ::: hvorfor skrive? miste seg selv | værensnærvær

»jeg-et i litteraturen ligner jeg-et i virkeligheten på den måten at det unike vet det ene bare kan uttrykkes gjennom det som er felles for alle, som i litteraturens tilfelle er språket.« → vgl. Proust, dass Gefühle/Erleben über das man schreiben will so in der Sprache kodiert werden muss, dass es von den Lesern aufgrund ihres eigenen Erlebens allgemeingültig dekodiert werden kann. Weiter am Beispiel Emily Dickinson, »den store ensomheten og lengselen hun åpenbart følte, er for lengst død og begravet når vi leser dem, bare artikulasjonen av den er tilbake, som vi vekker til live i samme øyeblikk som vi lar blikket falle på ordene hun en gang for lenge siden skrev, og underkaster oss dem. Da synger hun i oss.« … aber an diese zukünftigen Leser kann sie nicht gedacht haben, «hvorfor artikulere livsfølelsen og ikke bare føle den eller tenke den? Ja, hvorfor skrive?»

Im Jetzt. Beschreibt die Sonne, Apfelbaum, Blätter, Schatten, einen Vogel der einen Wurm vertilgt. «luften lyder av kvitring og fuglsang. … alt ligger her, i det jeg gjør nå. Men hva er dette? Ja, hva er det å skrive. Det er først og fremst å miste seg selv, eller sitt selv. I det minner det om å lese, men mens tapet av ens selv i lesingen er til det fremmede jeg-et … er tapet av selvet i skrivingen på en helt annen måte fullstendig, som når snøen forsvinner i snøen, kunne man tenke seg, eller en hvilken som helst annen monokronisme … slik er det skrevne selvets vesen. Men hva er det samme som det både utgjøres av og beveger seg i? Det er det egne språket. Jeg-et oppstår i språket og er språket. Men språket er ikke jeg-ets, det er alles. Det litterære jeg-ets identitet ligger i at det ene ordet blir valgt framfor det andre, og hvor lite sammenholdende og sentrert er ikke den identiteten? På et vis ligner den identiteten på den vi har når vi drømmer, hvor bevistheten skiller like lite mellom det som er oss og det som er våre omgivelser og opplevelser, og vårt jeg er liksom lagt ut i et rom, hvor den grønne benken til venstre er like sentral for den vi er som den sprellende fisken til høyre, eller den Neptun-aktige skikkelsen som stiger opp fra vannet … forskjellen på drømmen og skriften måtte være at den første skjer unkontrollert, i noen av kroppens ubevisste moduser, og er hensiktsløs, mens den andre skjer kontrollert og er målbevisst. Og det stemmer, men likevel ikke, for det vesentlige i likheten har med den manglende lokaliseringen av jeg-et å gjøre … og det spørsmålet det reiser, for er ikke selve sentreringen det som egentlig utgjør jeg-et? Selve sammenholdningsakten? Jo. Men sannheten om jeg-et er ikke sannheten om den egne værenen. Det som stiger opp mellom de ulike bruddstukkene langt ute i det ikke-sammenholdte, er også det egnes klang, denne gjennom livet vedværende selvets tone, det i oss som vi våkner opp til, hinsides tankene vi tenker … og som er det siste vi slipper taket i før vi søvner. Og er det ikke denne selvets klang, denn fjerne tonen fra det egne, som går gjennom all musikk, all kunst, all litteratur, … alt som lever og kan sanse? Den har ingenting med jeg-et å gjøre, og ennå mindre med vi-et … bare med selve væren i verden … når jeg ser på den lille spurven utenfor, hvordan den står på grenen i solen og kaster hodet bakover for å få seg makken eller larven, er det utenkelig at den skulle være helt uten værensnærvær. Kanskje det til og med er sterkere enn vårt, siden det umulig kan være tilskygget av tanker. Det jeg-sammenholdende tankene er det lesningen og skrivingen kan oppløse …« → im Lesen loest sich das ich auf, aber nicht das sein. »… i første tilfellet går inn i det fra utsiden ankomne fremmede, og i den andre … går inn i det egne fremmede, som er det språket man selv råder over, med andre ord det språket man sier jeg i. Når man skriver mister man kontrollen over det jeg-et, det blir uoverskuelig … egentlig er en representering av dets faktiske tilstand, eller i alle fall det nærmeste en representering av det faktiske jeg-et vi kommer.« → sich in sich fremd finden

Dazu ein berühmtes Tagebuch zitierend, 1954. »Mandag – jeg. Tirsdag – jeg. Onsdag – jeg. Torsdag – jeg«

(Karl Ove Knausgård, Min Kamp 6)

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knausgård ::: verschwindet der leser aus sich selbst

»for en leser, derimot, finnes ikke krav om selvstendighet eller individualitæt, tvert imot, hele literatursystemet er basert på at leseren skal underordne seg verket og forsvinne inn i det.« → eine Variation von in sich selbst lesen, doch ordnet man sich unter, oder ist es Reflektionsfläche für eigene Überlegungen … verschwindet man im Lesen? Verschwindet der Leser aus sich selbst …

(Karl Ove Knausgård, Min Kamp 6)

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thoreauvian ::: schlafend träumen wachend leben

»Endymion soll von Jupiter das Vorrecht erhalten haben, so viel zu schlafen, wie er wollte. Kein Mensch möge den Schlaf fürchten, wenn seine Müdigkeit daher rührt dass er seinem Genius gehorcht … diese Art von Leben, die wir, schlafend, träumen, dass wir sie wachend leben, leben wir, wachend, bei unseren nächtlichen Spaziergängen, während unser Tagesleben als ein Traum erscheint.«

(Henry D. Thoreau, Tagebuch III)

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southern reach ::: seltene Klarheit, dunkelgolden

»… grüne Umriss der Insel im dunkelgoldenen Licht eines späten Nachmittags.«

… Rückerinnerung, glaubt lange sie ist tot und im Fegefeuer als sie nach ihrer nicht nachvollziehbaren Rückkehr aus Area X verhört wird. Obwohl sie nicht an ein Leben nach dem Tod glaubt, und auch schon weiß, dass sie nicht die echte Biologin ist, sondern eine Kopie. Unsicher ob Area X schuld war, oder ein Experiment von Southern Reach. Fühlt sich wie eine Projektion auf ihrer Flucht. »Als sie in Rock Bay angekommen war, … hatte sie, weit weg von allem, eine Weile Ruhe gehabt und die Landschaft auf eine andere Weise auf sich wirken lassen – sie war in ihre Einzelteile zerlegt und neu zusammengesetzt worden.« → in Landschaft sein … doch erst als sie wieder in Area X war, hatte sie ihr Unbehagen/Ziellosigkeit überwunden. Kurze Panik beim Untertauchen, all das Wasser das sie umschließt, doch dann wird etwas in ihrem Kopf umgelegt, hymnische Erfahrung des Meers … und es war ja nicht sie selbst die ertrinkt. … »dem Licht konnte man sich nicht entziehen, so strahlend und doch unnahbar war es. Es ließt das Röhricht und den Schlick und das Wasser der Kanäle, in dem sie sich spiegelten in einer seltenen Klarheit erscheinen. … es war das Licht dass ihr einen unerschöpflichen Vorrat an Gelassenheit zur Verfügung stellte.« → Fotografieerfahrung; Vermerk: es ist das wesenhafte Licht von Area X dass sie sieht, nicht Licht als solches und an sich.

(Jeff VanderMeer, Southern Reach II)

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mars ::: nicht nachvollziehbare Markierungen

eine lange Reise, sieht sein Lesegerät durch, sehr lange nicht darin gelesen, »er hatte sich in jenen Tagen offenbar für Nietzsche interessiert. Ungefähr die Hälfte der markierten Stellen waren Nietzsche-Zitate. Als Frank sie durchsah konnte er nicht nachvollziehen, weshalb er sie markiert hatte. Es war alles windiges Gefasel. …«

(Kim Stanley Robinson, Roter Mars)

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mars ::: neue taxonomien, areophyten

»eine ganze Taxonomie neuer Lebensformen, alle partiell der Marsoberfläche angepasst …«

(Kim Stanley Robinson, Roter Mars)

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mars ::: mythologische linsen

»der Mars war leer, ehe wir kamen. Das soll nicht heißen dort wäre niemals etwas geschehen.« … Beschreibung von landschaftbildenden Vorgängen. Gewaltige geologische, besser: areologische, Besonderheiten der Oberfläche … »aber all das war in mineralischer Bewusstseinslosigkeit geschehen und wurde von niemandem beobachtet. Es gab keine Zeugen – mit Ausnahme von uns, die wir von dem benachbarten Planeten aus zuschauten, und das erst im letzten Moment seiner langen Geschichte. Wir sind das ganze Bewusstsein das der Planet je besaß.« … Bedeutung des Mars für die Menschheit, ein Stern der sich nicht wie andere bewegt, als wollte er etwas mitteilen. Erste Bezeichnungen für ihn … Nirgal, Mangala, Auqakuh, Harmakhis … »Sie klingen so als wären sie noch älter als die uralten Sprachen in denen sie vorkommen, als wären es fossile Wörter aus der Eiszeit oder noch früher.« … weiter in der Beobachtung, Teleskope, die Geschichte mit den Kanälen, die Sonden Mariner und Viking, »und so entfaltete sich vor unseren Augen eine neue Welt, eine Welt die niemand auch nur erahnt hatte.« … Beweise für Leben hat man nie gefunden, aber es sind Geschichten aufgeblüht um diese Lücke zu füllen … »genauso wie zu Lowells oder Homers Zeiten oder der der Höhlenmenschen und Bewohnern der Savannen.« … Geschichten von Mikrofossilien die durch unsere Bioorganismen vernichtet wurden. Erste Andeutungen zum großen Mann, und die kleinen roten Männchen. »Diese Geschichten werden erzählt, um einen lebenden Mars zu schaffen oder ihn wieder mit Leben zu erfüllen. Denn wir sind immer noch die Wesen, die die Eiszeit überlebt haben, die voll Staunen zum Nachthimmel aufgeschaut und sich Geschichten erzählt haben. Und der Mars hat nie aufgehört das zu sein, was er für uns von Anbeginn an gewesen ist – ein großes Zeichen, ein großes Symbol, eine große Macht. Und so sind wir hierhergekommen. Er war eine Macht, jetzt ist er ein Ort.« → setzt die Mythen der frühen Menschheit nivellierend in Kontext zu den Mythen unserer moderneren Menschheit, nivellierend hinsichtlich Überlegenheit, wir haben uns eigentlich nie verändert. Das was uns bewegt und bestimmt, wie wir Dinge versuchen zu erfassen und zu lenken und in einen größeren Sinn einzubinden indem wir Geschichten erzählen. → die Themen des Romans klingen alle an, Mythen, Gesellschaft, Geschichte, Wissenschaft …

… Und John steht da und behauptet sie wären hierhergekommen um was neues zu tun, und hätten alle irdischen Differenzen beigelegt. Denn in der neuen Welt wären sie irrelevant. »Ja, er meinte das alles wörtlich. Seine Version vom Mars war eine Linse, die alles verzerrte was er sah, wie eine Art Religion.« → wie jeder für alles eine Linse anwendet

(Kim Stanley Robinson, Roter Mars)

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