Wienwirkungen 1 | 11.08 bis 14.08.10

Wien. Eine Stadt wie ein Mosaik. Wie die Welt. Und wir wieder drin.
Wieder in Wien.

0 | 1 Strudlhofstiege | 2 | 3 | 4 | 5

Denn die Strudlhofstiege brachte es zu jener Zeit noch manchmal fertig
mitten im städtischen Verkehre völlig verlassen zwischen Sonnenkringeln und Blätterschatten zu liegen …

(Heimito von Doderer, Die Strudlhofstiege)

… mehr Bilder.

Die Sonne scheint, der Universitätscampus auf dem Gelände des ehemaligen Allgemeinen Krankenhauses liegt samt merkwürdig aus dem Verfall heraus leuchtendem Narrenturm — als hätte der Geisteswahn eine mythische Kraft die ins Visuelle hinüberstrahlt — hinter uns. Die Sensengasse vor uns.

In kleinen Tappern nähern wir uns durch ein nicht innenstadtfeines doch charmantes, irgendwie vive la France rufendes, Stadtviertel, in dem sich die Dächer übereinander hügelwärts der Sonne entgegen fächern und der Putz eine nicht mehr aufdringliche Farbe hat. Nähern uns meiner persönlichen Begegnung mit der Strudlhofstiege. Die Stiege, die auf nur wenigen Seiten von Heimito von Doderers Roman tatsächlich die Kulisse gebend, diesen doch als Hintergrundklingen durchzieht wie eine Heimstatt.

Und um eine Ecke biegend, ist sie mit einem Mal da, unerwartet und gänzlich anders im Stadtraum liegend als durch den Roman im Kopf zusammengefügt, doch genauso zauberhaft, die Strudlhofstiege. Geschwungener Stein, Plätschern und Baumkronenrauschen. Verschlafene Vergangenheit, wie der Roman selbst.

Er betrachtete das Werk – denn als solches erschien es immerhin auch seinem einfachen Gemüte – zum ersten Mal mit ein wenig Aufmerksamkeit und trennte sich so innerlich von einer endlosen Reihe der Passanten, die täglich unter ihre Füße treten, was sie eben darum nie gesehen haben. Als eine Gliederung des jähen und also seiner Natur nach stumpfen und brüsken Terrain-Abfalles wuchs es empor oder kam es eigentlich herab, dessen unausführliche und also beinahe nichts-sagend-allzufertige Aussage nun in zahlreiche anmutige Wendungen zerlegend, an denen entlang der Blick nicht mehr kurz ab und herunter glitt, sondern langsam fiel wie ein schaukelndes und zögerndes Herbstblatt. Hier wurde mehr als wortbar, nämlich schaubar deutlich, daß jeder Weg [...] seine eigene Würde hat. [...]
(Heimito von Doderer, Die Strudlhofstiege)

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