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Her Name is Calla | 25.10.15 | Nato

von Las Vegas . Nato . Rock’n'Roll …

Soeben noch mit Billy in Las Vegas und nun in der Nato während Rock’n'Roll unbeschwert aus den Boxen rieselt. Die Schilderung des fortlebend Vergangenen der Stadt im Buch setzt die Revue der mit der Nato verknüpften Konzerterinnerungen die bei Xiu Xiu begonnen hat von Neuem in Gang. Über allem, da auch der hinten hoch oben sitzende Blickwinkel der Sicht von damals so gleicht, das Konzert von Logh. Dieses so sonderbare Konzert bei dem jedes Lied auf eine Weise in das Nächste überglitt, dass niemand im Raum das Herz hatte durch Klatschen die konzertierte Stille zu durchbrechen. Doch etwas beklommen hat es sich angefühlt. Im selben Kontinuum stehen Jeniferever auf der Bühne, die ohnehin damals viel zu groß wirkte, als wäre die Übereinanderblendung von vornherein eingeplant gewesen, quetschen sie sich und ihre Instrumente zwischen Logh und deren Instrumente. Direkt daneben springen Menschen kreisformend wild berauscht mit Firewater um die Bühne. Und in der Ferne dahinter der Anbeginn, buntest funkelnde Lichterketten, so weit, nur verschwommen zu sehen, so dass sie dem Glutschein von flüssigem Eruptivgestein gleichen, ein plüschiger Gruß aus der Zeit, die Rockys.

Etwas benommen kehren die vom längsten Tag des Jahres der Müdigkeit besonders zugetanen Sinne wieder zurück und schnappen in dem Moment wieder in den Körper ein als sich auf der inzwischen von der Band eingenommenen Bühne an der E-Gitarre links ein sattes, durchdringend kreischendes Störgeräusch entzündet. Es ist nicht offenbar ob ungeplant oder integraler Bestandteil des Stückes, doch es wird ohne einen Wimpernschlag souverän in die tosend wilde Schönheit des ersten Liedes übergesetzt. Alles ist wieder wach.

… in die große Weite der Welt

Die Stimme des Sängers ist von der Art die den Zuhörer unmittelbar auf eine Anhöhe versetzt, rundum weite Steppen, Natur von atemberaubend wilder Schönheit über die die Stimme hinweggleitet, und sie ist untermalt vom begeistert krachvollem und ungestümen Einsatz der Instrumente, Gitarre, Bass, Violine und Schlagzeug, im Wechsel e-Piano und Banjo. Musik im landscape-Format. Mit der Stimme gleitet man mit über die vielschichtige Schönheit der Landschaft und des Seins, die laut durcheinanderwirbelnde Lebendigkeit sowie die scheinbar leere Weite einer symbolistisch gemalten Landschaft der Seele sind vereint … es ist Musik für die große Weite der Welt.

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Pianos Become The Teeth & Milk Teeth | 8.10.15 | 4 Rooms

Das Rauschen der Gezeiten wurde mir ins Ohr gesetzt.

I took the boat out on the lake, and I was okay,
need to get that feeling back, once in a lifetime, ripple water shine

but it’s a size I can’t teach

(ripple water shine)

Treffe mich bei ausgezeichnetem Konzertpilgerwetter mit dem pendelnden Kollegen A. an der Zentralstation. Der Regen ist von allerfeinster Nieselqualität. Das ausgeprochen humide Klima mag die Sound-Heimsuchung von der der Kollege aktuell befallen ist noch verstärken. Das rauschanschwellende Anbranden und wieder über den Sand fließende Zurückgleiten der Wellen des Nachtstrandes Nojas breitet sich wie eine Art beruhigender Tinitus durch seine Tage aus. Die Heimsuchung ist gelinde ansteckend. Wann immer sie im Gespräch Erwähnung findet, bauscht und schwappt es auch in meinen Ohren. Als begleitenden Unterton einen ganzen Ozean in unseren ohnehin größtenteils mit Wasser gefüllten Säcken, die wir Körper nennen, tragend, begeben wir uns also zum Konzert.

Die Vorband Milk Teeth ist live mehr Postrock und hardcore-Schrei als die Songs auf bandcamp vermuten ließen. Das erste Lied dort weckt immerzu die Erinnerung an das frühlingshaft leicht springende Punkgefühl von Dover. Das mag zum Teil an der stark verwaschenen Akustik des Raums liegen, in der die leitenden Melodien nur schwer herauszuhören sind. Die im Gegenzug aber, wie im nachhinein übereinstimmend festgestellt wird, das ebenfalls sehr zufriedenstellende Gefühl eines dreckig unperfekten Garagenkonzerts hinterläßt, dass auch durch andere räumliche Begebenheiten, zum Beispiel dass sich die Band auf gleicher Fußbodenhöhe wie das Publikum befindet, verstärkt wird. Manch einer würde ihr obgleich einen etwas erhabeneren Ort im Raum wünschen.

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Xiu Xiu plays the music of Twin Peaks | 1.10.15 | Die Nato

… the gum you like is coming back in style …

Twin Peaks naht. Es nähert sich durch das Wiedererblühen der heimischen Orchidee Phalaenopsis, durch das nächtliche Ambiente unserer Unterbringung in Mataelpino, voller Nadelbäume, die Gebäude scheinen alle aus demselben Holz wie das Real Great Northern Hotel, der Ortseingang wird von einem beeindruckenden Ortsschriftmonument geziert, und die Nacht hat diese besondere Konsistenz aus der die Log-Lady spricht und der Ruf einer Eule im Ohr wiederhallt. Es nähert sich durch die imposante Norfolktanne in Noja, die vor einem renovierungsgerüsteten kleinen Palacio steht. Und es nähert sich durch Xiu Xiu plays the music of Twin Peaks. Die dritte Staffel rückt nah.

Die Treppe. Der Deckenventilator.

Minutenlang gibt es nichts als das auf der Leinwand, und ein beinahe unter der auditiven Wahrnehmung liegendes dumpfes, fächerndes, waberndes Geräusch. Dann betreten Xiu Xiu die Bühne, ein metallischelektronischer Herzschlag wird an einem Gerät eingestellt und schließlich vom wunderbar klaren hellen Klang des Vibraphons, den klassischen Tönen der meist so sanft wie der Hauch des Namens Angelo Badalamenti gedrückten Tasten des Pianos, nicht näher identifizierten Störgeräuschfetzen, wuchtigen und distinkten Schlagzeugeinsätzen und dem ewig jung klingenden 50er-Sound der Gitarre umringt.

Das Set ist so variationsreich und dabei so durchdringend wie die Atmosphäre und Charaktere von Twin Peaks. Augenblicke die beinahe still zu stehen scheinen wechseln mit von einer wie entfesselt wirkenden Band dargebotenem hochflirrendem und kreischenden Hard Core, vermischen sich mit mal sacht schwebender und dann imposant donnernder Klassik am Piano, Blues und Jazz mit das Innere nervös verzerrenden, aus tiefer Kehle mystisch wabernden Gesangsdarbietungen von Jamie Stewart. Das alles ist durchsetzt von … in einem dunkel im Wald liegenden Eisenbahnwagon … geschmiedeten Geräuschsequenzen, und plötzlich scheppernd gewittrigen Schlägen auf die allen drei Xiu Xiu-Mitgliedern immer bereitstehenden High-Hats, dazwischen Phasen der Stille, der leise beruhigende doch unheilverkündende brummende Ton beim Blick in die Wälder.

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Steve von Till | 2.07.15 | UT Connewitz

Auf den Stufen eines kirchlichen Portals hat sich eine kleine Sippe Hominider zum Verspeisen ihrer soeben im Deli erbeuteten Abendmahlzeit niedergelassen. … äh, hier waren wir doch schon einmal?

Das Leben erbietet sich in Wiederholungen. Hin und wieder ist dies durchweg positiv. Der Reiz des Bekannten. Das Schwelgen in Vergangenem.

Das Konzert wird heute nicht mit einer Vorband, sondern mit einem Vorfilm eingeleitet. Kenneth Thomas’ Doku Blood, Sweat & Vinyl streift durch die Label Hydra Head, Neurot und Constellation und weckt verträumte Erinnerungen an vergangene Konzertabende. Neurosis natürlich, Isis, Godspeed You! Black Emperor und, mit tief mikrofonverstärkt brummender Katze, Thee Silver Mt. Zion. Und den Wunsch sich auch mit anderen Künstlern dieser Label endlich eingehender oder einmal wieder zu beschäftigen, mit Pelican zum Beispiel, Cave in, oder diese zu entdecken, wie bei hangedup.

Das Konzert selbst wird wieder einmal im Zwilicht zwischen glücklich halbhinwegdämmerndem Bewusstsein und plötzlich hochgeschreckter, hingerissener Konzentration verbracht. Man möchte noch nicht einmal das tiefsonore Brummen und die äonentief gelassene Ausstrahlung Herrn von Tills dafür verantwortlich machen. Es ist einfach schon spät. Draußen geht ein sommermatter Tag zu Ende. Hier drinnen ist es kühl und bestuhlt.

Die Musik ist sehr schlicht gehalten, meist wird der mit viel Stille zwischen den Versen vorgetragene Gesang nur mit einzelnen sachten Akkorden akzentuiert. Hin und wieder perlt sich eine Melodie aus der Gitarre und tanzt honigfarben um das Gehör. Und ab und an wird der Verstärker sehr weit aufgedreht, und mehrere Loopspuren erzeugen so etwas wie Neurosis light. In einem Lied wird etwas Schwung beigegeben. Zwischen den Stücken erzählt ein ausgesprochen wohl gelaunter Steve von Till etwas zu dem was war, und dem was sein wird. Und über all dem schwebt gottmächtig diese Stimme wie ein Lullaby.

Das aktuelle Album a life unto itself zum einhören gibt es hier.

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Faith No More in Berlin | 6.06.15 | Zitadelle Spandau

Ein überaschend geistunzerissenes Konzerterleben.
Eine joyce’sche Dialogtheraphie ist mitnichten notwendig.

Die tremolierende Klavierklangfront des Regenmachers der aufgrund des jüngsten Kollaborationsprojektes von Herrn Patton als Vorakt den Abend einleiten durfte ist soeben verklungen. Die nur wenige Tage alte und daher relativ umso überraschender klebrige Hitze ist zwar einer leicht wehenden Kühle in kleinen Gruppen aufziehender dunkelgetönter Cumulonimbuswolken gewichen, doch der Regen bleibt trotz der Bemühungen aus. Auch das mehrmalige frivolheitere Betonen von Herrn Sturm wie gut das Wetter sich halte, was beständig von Herrn Walte und mir niedergezischt werden muss, kann dem Himmel keinen Tropfen abwringen.

Während wir umgeben vom Backsteinmauerwerk der Zitadelle Spandau im dichtstehenden von einer Pappel, einer Birke und mehreren Kastanien prächtig grün gesäumten und hin und wieder von Schwalben und Enten überflogenen Menschenmeer links der mittleren Trennsperrung stehen, wird mir vornehmlich von Herrn Sturm, Herr Walte steuert ein paar Einwürfe bei, nochmal das emotionale Geflecht das Faith No More mit ihrer Fangemeinde verbindet im chronologischen Subtext der 90er näher gebracht. Als Nichtzeitzeuge kann ich es nun leider nicht so formschön, fundiert und durch die Kraft der eigenen Erinnerung im Glorienschein erleuchtet wiedergeben, doch dass in einer Zeit musikalisch sehr festgetretener Gleise im Metal- und Rockbereich Faith No More als eine der Neugründerväter des Crossover, mit energiefreisetzender Sprengkraft den ein oder anderen musikalischen Geist befreit oder gar erweckt haben, und daher bei sovielen eine geradezu überbandgroße Bedeutung erlangt haben, ist so offenkundig logisch, dass ich dazu nach dem oberflächlichen Studium vierer Alben in den vergangenen Wochen so einsichtig wie erkenntnisbegeistert nicken kann. Ich fühle mich nun bestens für das Kommende eingestimmt. Nichts mehr kann in Erstaunen versetzen, außer …

– als wir die Zitadelle betreten und zu einem kleinen Erkundungsrundgang zirkulieren, nehmen wir die Gelegenheit war, wenigstens einmal näher an die Bühne heranzutreten, später möchten wir gerne weiter hinten in einer ruhigeren Ecke Stellung beziehen. Es fällt auf dass abgesehen vom tiefschwarzglänzenden Konzertflügel alle Verstärkerboxen und sonstigen Konzertutensilien mit weißen Laken behangen sind. Ein Eindruck wie in beinahe jedem Jane Austen-Film wenn die Familie ihr Sommerdomizil verlässt und alle Möbel schützend von Bediensteten mit weißen Tüchern abgedeckt werden prägt sich der Vorstellung ein, und reißt zur Bemerkung hin dass Faith No More nun wohl in einem Alter sind, in dem auf den Mobilarbesitz besser achtgegeben wird –

… dass die weiße Belakung nun in Vorbereitung des Konzerts von zahllosen ebenfalls weiß betucht gewandeten Roadies dienstbeflissen durch endlos hereingetragene bunte Blumenarrangements, vornehmlich kelchige Doldenblüter, die in weißen Balkonkästen stecken, ergänzt wird, und sich die ganze Bühne in einen überirdisch weißleuchtenden New Age Flower Tempel verwandelt – eine unerwartete Wendung, mit jedem hereingetragenen Balkonkasten wächst das Erstaunen sowie die Freude über diesen amüsant transzendentalzitierenden doch gleichzeitig kitschig schönen Anblick. Als würde nun gleich eine Erleuchtungszeremonie stattfinden.

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Two Inch Astronaut ::: La Dispute | 1.06.15 | Conne Island

I want to write it all down so I can always remember.
(la dispute, king park)

Gießender Regen. Ausgezeichnetes Wetter um zu einem Konzert zu pilgern!

Und so hole ich Kollegen A. im Institut ab, jegliche Schlafdefizite werden negiert, bzw. sollen durch kühle Getränke ausgeglichen werden. Nicht bedacht, aber nicht minder bedeutend für die wachaufmerksame audielle Rezeption werden natürlich die Variablen 01 Lautstärke und 02 Seniorenstehplätze sein.

Der Hof zwischen Café und Konzertraum ist voll plaudernd wartender Menschen, der Regen hat leider nachgelassen doch Luftfeuchtigkeit und -temperatur sind noch durchaus angenehm zu nennen. Eintrittskarte, Getränke, kurzes Warten. Es ist 21 Uhr und lobenswerter Weise beginnt das Konzert der Vorband pünktlich.

Bei der Gestalt des Sängers scheint es sich um einen Zeitreisenden zu handeln. Wir kommen nicht umhin zu erkennen, dass es sich bei ihm um den zukünftigen Sohn von Don Martin und Miss Pili handelt. Die Alternative wäre, dass wir selbst in der Zeit gereist wären, was in gewissem Sinne, vorwärts, natürlich auch fortwährend geschieht. Oder haben wir den Planeten unwissentlich zu einer längeren lichtgeschwinden Reise verlassen?

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Nils Frahm | 27.04.15 | Schauspielhaus

Freizügig plätschernder Regen begleitet uns zum Schauspielhaus. Nach kurzem Auswringen, Garderobenabgabe und an die plötzliche nicht unwillkommene Trockenheit Gewöhnen weiter zum Einlaß, wir sind etwas spät, doch wie meist, belohnt das Leben genau diejenigen. Die Ränge sind geöffnet! Durch das Hintertreppenhaus geht es hinauf, immer weiter hinauf und wieder hinab in die erste Reihe. Ganz oben im Eingang kurz ein schwindelnder Eindruck, die Bühne liegt weit unten, wie am Grund eines Brunnens.

Der Blick wird als erstes von drei etwa zweimeterhohen kastigen Holzobjekten gefangen. Sie stehen links auf der Bühne, an ihren Seiten sind elektronische Blinkerapplikationen montiert, die flackernd rot und grün … blinken. Die ineinenandergedrungenen nach oben strebenden Formen, die Schachtigkeit der einzelnen Elemente der Kästen wirken wahlweise wie die Orgelbauteile, die sie auch sind, hätten sich aber auch ganz hervorragend auf dem Set der Original Enterprise ausgemacht, als einer der vielen fehlgeleiteten Supercomputer, die Captain Kirk in den Wahnsinn quatscht um Welten zu retten. Desweiteren kann man sich die nicht allzulange Wartezeit damit vertreiben Tasteninstrumente zu zählen. Insgesamt sind es acht. Der Flügel. Der mit der Orgel verbundene dreier-Turm, mit dem zuunterst liegenden Melotron, auf dem drei wertgeschätzte mit Nils Frahm bekannte Damen ihr jeweiliges musikalisches Talent auf immer per Tastendruck abrufbar auf Tonspur gebannt haben; Gesang, Cello, und irgendein Horn soweit ich mich erinnere. Unter der monströsen Schalt- und Drehknopftafel zwei weitere. Und daneben stehend noch ein zierliches aus Holz, das wie die mit einem befreundeten Orgelbauer zusammengeschraubte Orgel selbst gezimmert ist.

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Wovenhand | 18.04.2015 | UT Connewitz

Auf den Stufen eines kirchlichen Portals hat sich eine kleine Sippe Hominider zum Verspeisen ihrer soeben im Deli erbeuteten Abendmahlzeit niedergelassen. Wir wollen sie nur von Ferne beobachten und ihnen lieber nicht zu nahe kommen. Sie sprechen nicht. Ein jedes Angesicht ist tief in das die Speise umgebende Wachspapier versunken. Andächtig schmatzende Stille. Auffällig ist auch dass sie sich in relativ großen Abstand zueinander gesetzt haben, aus noch zu untersuchenden Gründen. Futterneid? Angst besudelt zu werden? Wunsch in gewissen Situationen im Leben ganz für sich allein zu sein? Ein wenig von alledem? Wie dem auch sei, es scheint eine geradezu zeremonielle, wenn auch unbewusst getroffene, Entscheidung, die sich tief mit Bedeutung aufladen läßt, eine Art leibliche Kommunion im Vorfeld der unmittelbar bevorstehenden – ein schmiedeisernes Kreuz an einer Halskette blitzt auf – Geistigen. Denn die vier Hominiden werden gleich beobachtet werden, wie sie – eine bemerkenswert fortgeschrittene Kulturtechnik – die Überreste ihres Mahls feinsäuberlich in den Futtertüten zerknüllt verstauen und sodann in einem nahe beistehenden Blecheimer verwahren, um dann …

… einem ihnen heiligen Platz im städtischen Steindschungel zuzustreben, an dem sich bereits viele andere ihrer Art versammelt haben. Es ist ausverkauft.

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The Devil Makes Three | 5.04.15 | Conne Island

MischionSchwabnWaschBieten. Spanische Schwaben über Ostern in Leipzig, zum Glück hat die Informantin gerade für diesen Samstag vor wenigen Tagen ein weiteres Konzert inseriert, und so begeben wir uns, vom konzertausgehungerten Don und seiner Verlobten chauffiert ins Conne Island, um — hier ist es vor allem der Band selbst wichtig vom Country zu differenzieren — Bluegrass unsere Beine umwippen zu lassen.

Die Fahrweise des Don soll hier mit fünf Adjektiven umrissen werden. Miss Pili beschreibt sie vorsichtig mit 01 gut. Weitere Adjektive stehen zur Diskussion 02 schwungvoll 03 vor Lebensfreude sprühend 04 überschwenglich 05 aahhhhhhoohneinwaahhhhh … wobei die Hinfahrt weniger Gelegenheit zur Bewunderung bietet, als die Rückfahrt durchs engbeparkte Waldstraßenviertel.

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Digger Barnes with Johnny Latebloom ::: 9.03.2015 | ZXRX

Durch eine Informantin erfahren wir von einem anstehenden und nicht sehr publiken Konzert von Mr. Digger Barnes im sagenumwobenen Zoro. Ideale Gelegenheit um im Vorfeld an der kulinarischen V-Meile der Bornaischen zu flanieren. Das neu eröffnete Bavarian Dürüm stand ohnehin auf der Liste, und so schmankieren wir Knödel, Blau- bzw. Sauerkraut und kräftig gewürztes Sojabratgut in einer Teigrolle. Da sich im dunklen Innenhof des Zoro wie zu erwarten noch nichts regt, außer Lebensformen um eine Feuertonne, das bavarian dinner jedoch sehr sättigend war, nutzen wir die Zeit für einen Abendspaziergang durch noch unentdeckte Seitengassen der Bornaischen. Die Häuser werden nach und nach herrschaftlicher, giebeliger und baumumstandener, ein Seitenweg vergeht im Wald, ein menschenverlassener zauberhafter Winkel der Stadt, und das alles verliert sich atmosphärisch passend in aufziehenden Nebelschwaden, die sich später im Zigarettendunst des Zoro wiederspiegeln werden.

Nach Rückkehr jetzt unbewegte Stille im Hinterhof, mit einem klirrenden Gin Fizz warten wir im Zest, über anstehende Senfexzesse spekulierend, darauf, dass die Informantin uns abholt und sicher in die geheimen Refugien des Zoro geleitet; viel weiter durch den Hinterhof hätte man sich treiben lassen müssen, an einer schwarzen Katze vorbei, um über Treppenstiegen in den Keller des Zoro zu gelangen. Treppab und wieder hinauf landen wir schließlich im belebten und berauchten Konzertraum. Kurz darauf beginnt der Musiker der Vorband mit seinen Liedern, von denen am prägnantesten die Aussage »Sometimes I would like to quit my desk job, run away, and travel through the world. Instead I am writing my shitty songs« hängenbleibt. Die schnelleren Stücke lassen sich recht kurzweilig hören, die Stimme und auch die von den Liedern ausgehende Stimmung irgendwo bei Johnny Cash.

Irgendwann tritt Digger durch die Tür, und auch schon bald auf die Bühne. Begleitet wird er von Johnny Latebloom, abwechselnd am Kontrabass und an einer Hammond. Statt Fußtrommel gibt es diesmal einen Schellenring, der wie von vornherein als unmöglich abgetan – zu Beginn war er von Menschen verstellt nicht zu erspähen – natürlich nicht Diggers Fußgelenk umringt, sondern auf der Vorderseite seines Schuhs montiert ist. Eine Überraschung gleich zu Beginn, Mr. Barnes hat, nachdem er nun schon seit sovielen Jahren durch Deutschland tourt, deutsch gelernt, mit halb amerikanischen und halb norddeutschen Einschlag präsentiert er den anstehenden Abend in perfekter Aussprache »wir spielen heute ein paar Songs runter, so wie wir es auch auf unserer Farm jeden Abend tun«. Was dieser Mann nicht alles kann.

Nach der Diamond Road Show und dem Anwachsen zu einer ganzen Band ist es wieder ein besonderes Vergnügen die Songs in so minimalistischer Ausstattung zu erleben. Besonderes Klangmoment ist dabei das gewittröse Bogenspiel auf dem Kontrabass zu Everybody Run, dräuend verzerrt quietschende und doch wunderbare Töne schroben aus dem holzigen Klangkörper, und schwirren sodann um den Gesang des Magic Mystery Man of Melody.

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Faith no more to be in Berlin | 6.06.15 | Zitadelle Spandau

Sehr aufgeregt. Ich werde eine weitere Möglichkeit erhalten mich in der joyce’schen Dialogtherapie zur Aufarbeitung einer musikalischen-kognitiven Dissonanz zu üben. Wieso gefällt mir nicht, was bei Menschen in meiner unmittelbarsten Gefühlsumgebung Wonne und Glück auslöst?

Kann mir das nicht entgehen lassen. Zum einen, mein Held der Mondo Cane. Des weiteren, der Held des Kopfnicktanzes und das Wiederauflebenlassen jüngerer Zeiten. Ein Revive alter Tanzflächenkameradie. Nicht zuletzt, die Neugier, der unbedingte Wille, und die sadische Kraft, sich einer Musik zu stellen, die nicht ungetrübte Hingabe in einem auslöst, sondern quälende Verwunderung, in wenigen Momenten ein Hauch von Attraktion, eine Vielzahl von musikalischen Eindrücken, Anleihen und Empfindungen, die nicht zusammengehen, und alles über allem zu einer Erkenntnis synergieren. Ich werde für diese Musik auf immer um fünf Jahre zu jung geboren sein. Was sie auf andere so belebend macht muss analysierbar sein. Arbeitshypothese: es ist das Destillat der 90er.

Seit gestern bemühe ich mich um Annäherung. Von fünf Alben im waltemateschen Besitz befinden sich vier in Leipzig. Die fünfte aufgrund eines damals noch anderen Sängers des Weges nicht wert, so der Besitzer. Komme nicht umhin mich zu fragen wie gerade diese auf mich klingen mag.

Auf Empfehlung habe ich mit King for a Day, Fool for a Lifetime (1995) begonnen, und dann wahllos mit Angel Dust (1992) fortgesetzt. Habe mich dort mit einem Lied sehr angefreundet, dass im Stil vollkommen von der 90er-Soundwand heraussticht. RV. Vielleicht Ridiculus Vitae? Ein brugrummelnder Mike Waits zu einem schaukulierend brillierendem Jahrmarkts-Lullaby. Rasanter Wechsel. Ein Sahnehäubchspitzchen Country wird mit einer astreinurtiefvibrierenden Pattonstimme garniert und unterlegt, und Zack, nächste Runde im getupftfideligen Karussel. Man wird duseliger und beschwipster mit jeder Runde. Mrs. Woolfs beschwipster Eule, Mr. Desmond, nicht unähnlich. Schläfriger und immer wohler. Diese Stimme!

Bei diesen ersten zaghaften Gehversuchen im Faithnomorefansein fällt bis jetzt vor allem eines in der Musik auf. Das sie beständig wahllos doch durchaus ergründlich an eine Vierzahl anderer musikalischer Eindrücke gemahnt. Neben erwähntem Tom Waits auch an – höchst erstaunlich, und um die musikalischen Gefühle der gefühlsnahen Person nicht zu verletzten geheimhaltenswürdwichtig – die Rocky Horror Picture Show, vornehmlich die Arien von Tim Curry, und soeben im Bad bei Album of the Year (1997) an Michael Jackson, insbesondere in Heal the World. Desweiteren, Musik aus The Matrix, Metallica, System of a Down. Und sicherlich Monster Magnet.

Das alles ist über alle Maßen frappierend und sonderbar. Ich denke der nächste wichtige Schritt wird in der chronologisch verabfolgten Rezipitation und schriftlich festgehaltenen Auflistung der erkannten musikalischen Verwandschaften bestehen.

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19.01.15 | Vin Blanc ::: Get Well Soon | UT Connewitz

drei Kirschen über blau fließendem Ast

Ausverkauft. Durch sozialnetzwerkliche Androhung pünktlichen Beginns eilends im UT angekommen begegnen wir am Bühnenrand jemandem der sich an sein alkoholfreies Wernesgrüner klammert und wie unser Taxifahrer des Abends aussieht.

Kleine Vorgeschichte. Der Sänger von Vin Blanc freundete sich mit einem Leipziger Musiker an, und ist deswegen von L.A. nach L.E. gezogen. So kurz, entschlossen wie entzückend. Die lange Vorgeschichte mag länger sein, wie die Bandinfo auf Facebook nahelegt, aber im Wesentlichen ist damit alles gesagt.

Ein Mann mit Gitarre, tritt sich seinen Weg in die Mitte der auch an diesem Abend mit Instrumenten zugestellten Bühne. Einzelne Gitarrenschrammler und von diversen elektronischem Equipment erzeugter Grundlärm wird bei geschlossen Lippen von ein- bis durchdringlichen Gesangshalbsätzen begleitet. Ein Bauchsinger? Noch wenige verwirrende Momente wärt dieser Augenblick, bis jener — der später nur mit einem ehrerbietigen wie fastsprachlosen »dieser Mann …« tituliert wird, bei dem die 3 Punkte ausdrücken was man alles so gerne in Worte fassen würde, aber nicht kann, — von der Seite mit einer klobigen Rassel in wilden Zuckungen auf die Bühne springt, hüpft und alles von sich schüttelt, dabei wie wahnsinnig weitersingt, und die vor der Bühne versammelten Menschen in Interesse-gelähmte Starre versetzt, die nur sehr langsam, während der Wahnsinn dieser lautlärmenden sehr schlagklangintensiven Show voranschreitet, von der Gewöhnung gelöst werden kann.

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Digger Barnes & Band on the Diamond Road Show ::: 3.01.15 | Schauspiel Leipzig

There is this guy named Digger. He is coming to our city from time to time for years now, playing his songs. This time he brought some more of his friends along, and the good ole songs played by a whole band were as well a new experience as they were as fine as ever. And the magic imaging machine’s image theater was of the same mesmeric bright dazzle …

Im Institut um Dame C. abzuholen. Während Dame C. die Zubettzeremonie des Institutsnachwuchses vollzieht, raisonniert der Institutsleiter sich in der neu geschaffenen Sitzecke zurücklehnend und an die Decke blickend besonnen bis verträumt über sein neuestes PGI-Vorhaben. In Einstimmung und Anklang auf den zu erwartenden Abend könnte man von der Wild Moving Curtains Show sprechen. Die Umsetzung sicherlich ein Kinderspiel. Nichts weiter als eine an Modelleisenbahnschienen erinnernde Installation von kreisrund, oval und sich kreuzend verlaufenden Schienen an der Decke, etwa 20 Vorhangbahnen und ausgeklügelte Steuerungselektronik wären vonnöten. Um den Raum wahlweise in das klaustrophobierende Vorhangzimmer der roten Hütte, ein Versuchslabor für sozioneuralpsychotische Studien, oder einfach in die groovigste Wohnlandschaft seit austianischen Powerzeiten zu verwandeln.

Es ist beinahe ein Jammer aufbrechen zu müssen, und nicht sofort mit der Arbeit beginnen zu können, doch die Diamond Road Show ist in der Stadt. Nur einen Abend. Diesmal nicht mehr im UT Connewitz, sondern im Schauspiel Leipzig, warum, davon kündet etwas später der beinahe bis auf den letzten Sitzplatz belagerte Saal. Die Dame C. erfassende leichte Unruhe als ich ihr später von den Plänen des Institutsleiters berichte ist nicht unnachvollziehbar.

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Mulatu Astatke | 15.12.14 | Schauspielhaus

Herr Odysseus Jones hat uns eingeladen ihn bei der Fütterung seiner ethio-Jazzdämonen zu begleiten. Ein Abenteuer dem wir uns kaum verweigern wollen.

Der Einlasstaschenwächter. Vorbei an ihm mit geschickter, jeglichen Argwohn lahmlegender, Wortwahl.

Der Wartebereich. Stärkende Pause mit 2 kleinen Rieslingen, sowie einem (nicht großen) roten (Riesling).

Der Saal. Mit einem Blinzeln bis an den Rand besetzt.

Das Publikum. Still.

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Matze Rossi ::: Boysetsfire | 10.10.14 | UT Connewitz

Ein voller Abend. Ausverkauft. Voll von Menschen. Voll von Enge. Voll von guter, ehrlicher Musik, der erste Teil des Abends, wie man sie auch in einem guten, ehrlichen Diner zu #damngoodcoffee hören könnte. Voll von krachender, ehrlicher, Musik, der zweite Teil des Abends.

Kreutzundquer nach dem Abendessen rennend schlitternd restschwungvoll in das menschenvolle UT Connewitz auf dessen Bühne schon Matze Rossi mit seiner Gitarre steht und singt und spielt. Eine freie, sonor tragende Stimme, die sich von der mehr als üblichen Publikumsunruhe nicht beirren läßt und so alltägliche wie tiefe Gedanken schön in Melodien formt und teilt, so dass man auf ihnen treiben kann.

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