Seebad Bansin | 12.04.11 bis 15.04.11 | 07

Die Ruhe und das Meer und ein Hauch von Damals …

A Prelude   01 Betrachtung des Wortpaares Urlaub–Sonne   02 Der Regen über Berlin, Berlin Hbf (tief)   03 Der Hauch von Damals   04 Souvenirüberlegungen   05 Max-Planck-Institut für Primatenforschung, Bereich Armaturenmethodik, Außenstelle Usedom   06 Tauchglocke und Insektenvielfalt   07 Die Hang-auf-Problematik   08 Urlaub am Meer und das Gold der Ostsee   09 … in Bildern

07 Die Hang-auf-Problematik

Am Tag der Abreise. Letztes Frühstück. Die Sonne täuscht an, doch milder Weise nebelt sie sich etwas später wieder ein. Ich will nicht fahren und hinter mir das Meer in Sonne zurücklassen. Es wird immer kälter und die Luft feuchter. Doch im hellen milchigen Leuchten des Nebels und des darunter schimmernden Wassers, und darin wie die Leute in der Ferne im Nebel verschwinden liegt etwas das einen mit den Tagen des Nebels, Winds und Regens ins Reine bringt. Innere Ruhe.

Die Koffer müssen nun den weiten Weg bergan Richtung Bahnhof gezogen werden. Schon bei der Ankunft, zügig bergab drohte diese Tatsache menetekelig, und wurde seither hin und hergedreht und untersucht, so wie eine Krabbe wohl einen ihr vorgeworfenen Stein untersuchen würde.

In die Karte meiner Träume hält der junge T.S. Spivet Zusammenhänge der Welt in wissenschaftlichen Zeichnungen fest: Beziehungen zwischen Menschen und Gegenständen, die Art und Weise wie bestimmte Arbeit verrichtet wird, und statistische Auswertungen der Ergebnisse dieser Arbeit. So kartiert er sich die Welt und gelangt zu komplizierten Erkenntnissen, die gebannt in die gezeichnete Karte mit einem Mal offensichtlich werden, oder noch viel bedeutsamer, zu einfachen Erkenntnissen die man sonst im Alltag schlichtweg übersieht und die das Staunen des nie Bedachten auslösen.

Und wie bei T.S. Spivet schält sich die Lösung für mein Problem hervor, indem man die Komplexität der Realtität auf eine schematische Zeichnung herunterbricht, oder diese zumindest gedanklich ausführt. Nur an der Zeichenkunst, und Genauigkeit in Abbildung der Länge der Kraftpfeile komme ich T.S. Spivet nicht gleich. Oder sollte man mehr als 10 min in so eine Zeichnung investieren müssen? Berechnung anstellen? Den Koffer wiegen?

So liegt nun nicht nur das Meer hinter uns, sondern auch der Nebel. Der Blick nach vorne ins Landesinnere zeigt Sonne. Blick zurück: das Wetter verfinstert sich zusehends. Der Kofferanstieg wird dank Tags zuvor auf demselben Weg, und zunehmenden Entsetzen diesen mit Koffer bewältigen zu müssen, in schierer Panik ausgefeilten Plans mühelos leichter als gedacht. Durch Schieben statt Ziehen des Koffers ist die Kraftwirkung der Kombination Arm-Kofferausziehstange wie erhofft ungemein optimiert. Arm und Koffergestänge bilden eine gerade Linie. Der resultierende Pfeil aus dem Kräfteparallelogramm, der der Kraft die der Arm maximal ausüben kann entspricht, stimmt in der Richtung genau überein.

Voll Freude schenkt der Ingenieur in mir diese Erkenntnis der reisenden Welt. Das Gewicht des Koffers drückt sich gegen meine Schubkraft, statt den Arm immer mehr in die Länge und einen unnatürlichen Winkel hinter den Körper zu ziehen, aber doch nie soweit dass er mit der Kofferziehstange eine gerade Linie bilden würde. Einzig die Straßenlage des Koffers ist nicht mehr gewohnt schienenförmig, sondern munter wie ein Schubkarren bricht er mal links, mal rechts aus. In diesem Spiel den Schubkoffer zu steuern glücklich an Kindertage erinnert ist schon bald das Ende des Berges da. In einem Garten wird ein Eichelhäher erspäht. Der Zug naht, Zuhause naht.

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