Expedition langes Eiland | 24.05 bis 2.06 | VI

ein unmöglicher Forschungsbericht fantasiebegeisterter Dilettanten

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Mittwoch, Wattwanderung. Das Watt war wieder hervorragend schlickig, auch wenn leider seit dem letzten Mal die tiefste Schlickstrecke gewegnet wurde. Feine braunschwarze Geruchspartikel umspielen die Nüstern, die Herzmuscheln beim Einbuddeln allerdings aufgrund der Kälte weitaus weniger fidel als beim letzten Mal.

Die Führerin der kleinen Exkursion ist diesmal Biologin mit Schwerpunkt Ornithologie, und dementsprechend werden wir mit bemerkenswerten Geschichten aus dem Reich der Lüfte unterhalten. Zum Beispiel mit der Schilderung wie mehrere Singvögeleltern einen Greifvogel verjagt haben. Zum Einstieg wird allerdings historisch ausgeholt, und aus dem Blick von Plinius dem Älteren dieses merkwürdige weder ganz dem Land noch ganz dem Wasser zugehörige Stück Welt beschrieben. Eine der Salzwiesenpflanzen riecht wie Wermut und ein bisschen wie Kräuterkissen aus den Achtzigern wenn man an ihr ribbelt. Austernfischer fliegen mit hohem langem Kiek über uns hinweg. In den Wiesen sitzen vereinzelte Vögel und brüten still vor sich hin.

Nachmittags brechen einzelne Einmanngruppen unserer Gesellschaft zu Erkundungsgängen auf. Mich zieht es zum kleinen Inselwäldchen, mit frisch ornithologisch geschultem Gehör widme ich mich den Stimmen im Wald, und begebe mich sodann durch die Kleingartenanlage, über die Wiesen und Dünen zum Weststrand. Das Meer liegt heute beinahe glatt und umspült warm die Füße, am Saum zahllose gestrandete Quallen. Meine faszinierte Neugier überwindet endlich meine Ekelabwehr und ich beschließe beherzt jede einzelne von ihnen zu retten, egal ob tot oder lebendig, und sie wieder ins Meer zu setzen.

Sie fühlen sich erstaunlicherweise nicht glibberig sondern eher wie eine feste, trockene Gallertmasse an, und verbreiten bei ihrem pulsierenden Davonquallen eine hypnotische Ruhe. Auf einer vorgelagerten Sandbank tummeln sich Möwen auf der Jagd nach irgendwelchem Wassergetier. Beim Abendessen verkünde ich beiläufig dass ich den morgigen Tag an dem wir bis ans Ostende pilgern wollen, zu meinem Tag des Schweigens erkoren habe, finde aber wider Erwarten niemanden der sich nun diesem seit langem besprochenem Vorhaben anschließt. Gutmütiges Dulden ist wohl das Beste was ich erwarten kann.

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