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Auf der Suche nach …

Proust. Der verlorenen Zeit. Durchhaltevermögen. Dem Grundstoff des Selbst. Wer weiß das schon. Hauptsache Suchen.

Es gibt Werke die berühren einen schon bevor man sie gelesen hat. Dadurch dass sie im kollektiven Bewußtsein einen so großen Wiederhall erzeugt haben, dass das Echo aus den unterschiedlichsten und fernsten Winkeln auf einen trifft. Mit jedem Aufprall nimmt die schallende Informationsdichte ab, und nachdem es wieder und wieder von den Grenzen der menschlichen Sphäre zurückgeworfen wurde, ist es oft nur noch der Name. Proust. Doch durch das echoenhafte, überdauernde, hat er eine Gewalt eingenommen, als würde alle Bedeutung seiner Werke in dieses eine Wort komprimiert worden sein. Wohlmöglich steht er für mehr als seine einzelnen Werke.

Er hallt wieder aus Büchern aller Genres, man vermeint fast mit Vorliebe aus Fantasy- und Science Fiction-Werken, aus Filmen und aus Alltagsgesprächen denen ein mondäner Anstrich verliehen werden soll, bis er einem schließlich wie ein guter Bekannter scheint, ohne ihn jemals kennengelernt zu haben.

Ein zeitlicher Ausläufer aus der eigenen schon bekannten Lesezukunft erreichte mein eigenes Leben aus dem Film Jeg reiser alene, basierend auf einem Roman von Tore Renberg, in dem der Name Proust für die exaltierte Wirklichkeitsferne des geisteswissenschaftlichen und ehrgeizigen Menschen steht, und des öfteren in dem manisch fixiertem Ausschrei: Proust! Mein Leben ist wichtig. Es geht darin um Proust! ausbricht. Eine künstliche Bedeutungsüberhöhung die das Leben so bedeutsam glücklich macht.

Und dann gibt es da noch persönlichere Echos. Ein Werk aus der literarischen Zeit, der man ohnehin verfallen ist, ein Geschenk, und ein Gespräch mit einem lieben Freund in dem beiläufig bemerkt wird, »es wird Dir gefallen«. Und die Besonderheit liegt nicht in dem doch recht einfachen Satz. Sondern in der wissenden Wärme die darin liegt.

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Einschlag Sommer

Und auf einen Schlag war es Sommer. Von einem Tag auf den anderen. Der Park prangend voll mit Menschen, die Luft klebt sich wieder an den Körper, die Vögel zwitschern überall als wären sie rauschendes Meer. Auf der Festwiese ist gerade ein Hubschrauber gelandet. Noch mehr Geräuschbrandung. Eine Rettungsübung. Er hebt wieder ab, und das Gras flimmert aus der leicht erhöhten Perspektive des oberen Rundgangs wie ein in der Sonne glitzernder See, biegt sich zirkular kreisend nach außen.

Im semiabgetrennten Öko- und Luftsystem des Hinterhofareals entfaltet, konserviert, schichtet sich der Geruch der verschiedenen Blüten immer wieder aus neue aufeinander, bis er von einer Intensität ist, die einen sensational irritiert, ungewöhnlich, inne halten läßt. Wie das teuerste Parfüm der Welt.

Den perfekten Wald gibt es in Mitteleuropa an unzähligen Stellen. Eine ist im Muldental in der Nähe von Grimma. Noch sind die Kronen licht, und der Boden ist übersäht mir Gras und Blumen die später im Jahr zurückweichen werden, oder auch nicht.

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Portico Quartet | 30.03.12 | Neues Schauspiel

Das Gefühl einer nächtlich durchwanderten Stadt.

Es gibt Musik die wie ein Abbild der Natur ist. Der ersten – der biologischen Natur. Dankbares Staunen über die Lebendigkeit jedes einzelnen Winkels, vom Wasser umspielte Felsen, vom Wind umflogene Baumwipfel, zwischen allem schwirrende Insekten, Knistern, Farben, Gerüche, Weite findet sich in Klängen die wie eine Ode an das was uns hervorbrachte sind.

Es gibt Musik die ist wie die Natur, die der Mensch erschaffen hat. Der Teil des Ökosystems Stadt der sich gut, geborgen, und hin und wieder magisch anfühlt. Der Teil der nachts in den Straßenschluchten von Straßenlichtern ausgeleuchtet wird, in denen sich nur wenige einsame Wanderer befinden. Die Enge der Tage ist verschwunden. Licht, das sich verlassen im Asphalt, im dunklen Fluß und in Fensterscheiben spiegelt. Die Fülle und Helligkeit des Tages ist nur eine Erinnerung wenn nicht gar ganz vergessen. Es ist eine Reise in eine andere Welt. Die Wirklichkeit der Tagwelt hat eine Patina des Unwirklichen bekommen. Das Spiel der Natur greift in die Welt hinein. Blecherne Regentropfen etwa, die auf Regenrinnen, Mülltonnen und auf den geteerten Flächen anklingen. Pfützen bilden. Doch die meisten Geräusche sind von uns geschaffen. Quietschen, Motorenrauschen. Elektrisches Summen aus jeder Leuchtreklame, hinter jeder Hausmauer, die in jeder modernen Stadt eingebettete Zweitwelt der Computer, die in der zur Stadt gehörenden Musik Bestandteile der instrumentellen Entfaltung sind. Bedeutungen und Gedanken verschwimmen. Man bewegt sich nur noch hindurch. In jedem Moment ein neuer Blick, ein neuer Eindruck, der kurze Blick in eine Querstraße an der man vorbeiläuft. Gedanken. Sie prallen an, und fliegen wieder weg. Gelöst.

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Kaizers Orchestra | 12.03.12 | Centraltheater

Beitrag beinhaltet über den Stream of Concert hinaus
weiterführende Gedanken zum Kaizerlichen Universum.
Einem Universum das größer ist als das es
eine annähernde Abhandlung gänzlich umfassen könnte.
Sicherlich größer als ein kurzzeiliger Bericht.

Jeg er større en livet. Og livet er større en deg.
(Psycho under min hatt, Beatrice)

An das Konzert im Postbahnhof in Berlin zurückdenkend, sind die zuschaulichen Begebenheiten im Centraltheater nicht anders als beschaulich und koselig zu nennen. Von den Polstersitzen bis zu den überschaubaren Plätzen und der gelüsterten Beleuchtung ein gediegener Rahmen für das angeschleppte Bühnenbild. Das alles ist dem Ideal eines Clubkonzerts so nah wie man es bei dieser Band gerade noch erreichen mag.

Die Bühne ist bereits gedeckt, Oma-Stehlämpchen, Instrumente und Ölfässer stehen auf antik gemusterten Teppichen bereit. Später wird das Licht oft vollkommen erlischen, und zu einer dieser Gelegenheiten bilden die zwei orange warm leuchtenden Stehlämpchen zusammen mit diversen Scheinwerfern zufällig verteilte orangene Scheiben auf der Netzhaut, in die plötzlich einsetzende Lichtstille. Was antiquiertes Stehlämpchen war, und was moderner Scheinwerfer ist den orangenen Kreisen nicht mehr anzusehen. Die Welten vermischen sich. Im Hintergrund der Bühne spannt sich dass monochromgraue, laternenbestückte fluchtpunkttiefziehende Motiv einer Straße aus dem zweiten Violetta Violetta-Album an dessen fernstem Punkt ein gigantischer Mond prankt.

Bildmaterialanbefaling: Michael Grein, Konzert 2012 in Köln

Der Beginn ohne Firlefanz und Propanz. Kein minutenlanges Introanspielen diesmal, bevor die Herren Kaizer die Bühne betreten. Es ist still, die Band begibt sich an ihre Plätze, und stolpert sich taktvoll verhalten und nonchalant in den herzfrohlockenden Walzerklang von Philemon, Arthur & the Dung hinein … in was für einen Klang.

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Me & my Drummer ::: Einar Stray | 6.01.12 | UT Connewitz

Noen sier at musikken er det høyeste av alle kunstene.
Etter en konsert kvelden som det, føler man særlig at det er sann.*

Es wird gesagt dass die Musik die Höchste aller Künste sei.
Nach einem Konzertabend wie diesem, weiß man dass es wahr ist.

Das Jahr ist noch keine Woche alt, das letzte hörkulturelle Live-Erlebnis liegt viel zu lange zurück, als Herr Walte mit dadurch umso stärker entfachter Freude auf einen Facebookveranstaltungshinweis des UT Connewitz reagiert. Einer aus Norwegen. Einmal reingehört. Auch in die Vorband. Ja, das könnte ein ganz und gar formidabler Konzertjahresauftakt werden. Ein kaum zu fassendes Glück. Noch ein paar Tage warten und freuen und es ist Freitag.

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espanische Erlebnisse | IV

zu Besuch bei Whity und Miss Pili in Santiago, 26. Juli bis 3. August

Zu Bären und Pilgern habe ich nichts weiter hinzuzufügen, außer vielleicht dass der Besuchsflug nach Santiago für Ende Juli gebucht ist, und grob geplant ist uns eine Tagestour aus der Stadt herausfahren zu lassen (Richtung Süden, also den portugiesischen Pilgerpfad beschreitend), um dann wieder hineinzulaufen. Gespannt wie es sich auf Pilgers Füßen so anfühlt. Den Erfahrungsmangel nicht 4 Wochen auf die Stadt zugelaufen zu sein, mache ich durch meine Phantasie wett.

Halbtagspilger nach Santiago. Das sind die Schlimmsten.

Frisch angekommen geht es mit dem Bus vom Flughafen in die Stadt. Es ist steil hügelig. Plattenklotzbauweise ruft Teneriffa-Feeling wach, ebenso die ungeordnete blassfarbige Buntheit, Steilheit, Steinheit. Guide Martín zeigt und erläutert anhand des ersten Horreo die Maisspeicherei, der Blick sieht viel graues Gemäuer, zwischen neualten Bauten blitzen in der Ferne Zinnen alt auf. Aus Portugal bekanntes grünes Farmaciakreuz blinkt uns Pilgern befehlsgewaltig zu.

Wir befahren langsam und würdig Santiago. Guide Martín erzählt mit von Eigenehrfurcht etwas gedämpfter Stimme, dass er genau auf diesem Weg damals mit Señor Luz nach Santiago hineingepilgert ist. Wir geben uns angemessen beeindruckt und ergriffen. Santiago gibt sich hier außen noch sehr beschaulich. Nicht eng an eng stehende kleine Steinhäuser, adrett gepflasteter Weg, alles wirkt noch ländlich, örtlich. Zwei Rucksackpilger mit Wanderstöcken werden erspäht. Weitere déjà vus an Teneriffa flimmern durch das Straßenbild und durch die Weise wie die Plätze angeordnet sind auf. Der Bus begibt sich immer tiefer nach Santiago Stadt, steilste und engste Wege hinauf und hindurch. Shoppingstraßen die an Wien rund ums Museumsquartier erinnern, bekannte Standardmarken und enges Gedränge. Ein bewegtes Ampelmännchen das mit weit hinterhereilenden Rücken und rudernden Armen im Seitprofil gezeigt wird erfreut das Herz. Bunter Weihnachtsschmuck überspannt wie auf den Azoren die Straßen. Es ist angenehm kühl.

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Mogwai | 1.11.11 | Werk II

Die Frage nach zu lauter Musik stellt sich
mit zunehmenden Alter wohl immer weniger.

Mogwai eilt manches voraus.

Die glückvolle Erwartungshaltung wenn man den Namen Mogwai hört und vor sich hinsagt. Und das Wort live dazu. Mogwai. Live. Wie eine kleine Melodie.

Bilder die man seit dem Genuß der Burning DVD mit sich im Kopf herumträgt, von Menschen, unmittelbar vor der Bühne, in einem kleinen Club, in Glückstrance, und Musikern in ihrer Musik.

Und natürlich der Ruf eine der lautesten Bands zu sein, die es beiderseits sämtlicher Weltmeere gibt.

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Leipzig im Herbst in der Musik von Ema

In der Straßenbahn sitzt eine junge asiatische Mutter gegenüber ihrer kleinen Tochter, deren Beine langgereckt waagrecht gerade mal die Sitzlänge ausfüllen. Hält sie an den Beinen sicher fest, lächelt sie an. Das Töchterchen strahlt übers ganze Gesicht und hält mit leuchtenden Augen staunend ein riesengroßes gelbleuchtendes Kastanienblatt in beiden Händen vor sich, als wärs die ganze Welt.

Mit jedem Schritt rascheln die aufgehäuften Laubdünen, die Farben knistern in der Sonne und es riecht nach der getrockneten Wärme des Sommers, die freigegeben wird. Ein dunkel gekleideter Jugendlicher, Musik hörend, den Kopf unnahbar eingezogen, schleicht zaghaft hüpfend die Allee an der Arena entlang und an der Art wie seine Füße das Laub aufwirbeln merkt man dass er sich zurückhält, sich zwar einen Hauch Ausgelassenheit zugesteht, aber den Drang hemmungslos hindurchzuwirbeln und zu tanzen nicht völlig selbstvergessend nachgibt. Befangen. Zu öffentlich. Wer wäre so frei?

Durch den Park, auf dem Weg in Samstag Stadt. In weiter Ferne funkelt auf einmal ein dichter Blattregen goldgelb flirrend auf. Nur einen kurzen Moment, wie eine Einbildung. Doch es wiederholt sich, und man erkennt im Näherkommen ein kleines Kind und einen Mann, der die Blätter für das Kind hochwirft. Wieder ein Farbregen, neues Material sammeln. Ein neuer Regen, der wieder nur einen Moment zaubernd währt. Gibt es ein leichteres Bild für das Glück am Leben? Unmittelbar davor angekommen sieht man eine Frau im Baumschatten stehen, und die so unschuldig reine Szene wird als kalt geplantes Fotoshooting mit Opa fürs Familienalbum enttarnt. Was soll eine Fotografista dazu sagen? Ertappt.

Und über all dem schwebt als Musik dieses Herbstes Ema. Weich. Und melodisch. Und schrammelnd. In Zeitlupe. Wild. Verquer. Rau. Zauberhaft. So schön dass es ein klein wenig schmerzt, dort wo die Schmetterlinge tanzen. Beinahe zu schön um es auszuhalten. Wie der Herbst und das Leben. Unter der Lindenallee hindurch, während sich Blatt um Blatt löst und einen auf dem Weg zum Boden umtanzt, alles wird leicht, Wehmut fügt sich ein, alles ein Spiel, alles gehört dazu, die Welt ist wieder eine Schneekugel, das Schütteln hat sich wieder gelohnt.

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espanische Erlebnisse | III

zu Besuch bei Whity und Miss Pili in Santiago, 26. Juli bis 3. August

Expedition Finistera, Atlantikstrand und Muxía. Im Urlaub ist der erste Blick auf das Meer immer ein besonderer Moment. Natürlich kopfgemacht. Es ist das Herbeigesehnte, das gehegte, unterbewusst schwellige Kribbeln, das sich in einem immer wieder leuchtenden Moment löst wie ein Aufatmen. Orte die tagtäglich diesen homosapienten Erwartungsschwingungen ausgesetzt sind, sind dadurch verändert. Strahlen es aus wie Magie.

Galizien und Nordportugal, Finisterre und der Atlantik – die Landschaft, die Straßen, die Kurven. Gewidmet.

Wir erhaschen den ersten Blick auf das diesjährige Urlaubsmeer von einer hoch gelegenen Tankstelle aus. Emsig wirbeln Ibererinnen zwischen den Autos herum, um diese zu betanken. Selbstbedienung wird in diesem Land nicht geschätzt. Während das Auto befüllt wird, genießen wir die idyllische Aussicht auf den Fjord der von Landzungen hügelig und grün umrahmt in den Atlantik geleitet wird, auf dem Weg kleinere Ansiedlungen zurücklassend. Als Don Whity zur Bezahlung schreitend das Auto verläßt könnten wir es sogar schon salzig riechen, wenn wir nicht im Petroldunst der Tankstelle atmen würden.

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espanische Erlebnisse in Portugal | II

zu Besuch bei Whity und Miss Pili in Santiago, 26. Juli bis 3. August

Wir sitzen am linken Douro-Ufer in Vila Nova de Gaia in einem Freisitz der im Sandemann-Emblem geschmückt ist. Oder war es Porto Cruz? Offley? Ramos Pinto?
Die Sonne gleißt, der erste Portwein wurde soeben auf einer
nebligen Bootsfahrt zelebriert, der Blick schweift hinüber nach Porto,
wo sich die Häuser dicht gedrängt den Hügel hinaufdrapieren.
Das Leben hält still. Man befindet sich auf einer Ansichtskarte.

Stadt des Portweins

Porto hat sich in meine zerebrale Netzhaut eingebrannt. Durch die Kontrast und Sehkraft verstärkende Wirkung meiner 110-Prozent-Sonnengaffas oder ist es der Zauber einer besonderen Stadt? Oder der allzeit gierig saugende und irgendwann überlastete Blick einer Fotografista. Nach zwei Tagen in dieser Stadt schließe ich nachts die Augen und die engen, von bunt verfallenen Häusern gesäumten Gassen, die schwindelnden Aussichten auf den funkelnden Fluss und die gekachelten Hausmauern flimmern im steilen auf und ab der beschrittenen Wege vorbei.

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espanische Erlebnisse | I

zu Besuch bei Whity und Miss Pili in Santiago, 26. Juli bis 3. August

Einen Monat später erinnere ich mich nur noch an den Wind. Nah am Atlantik ist es nicht der sanfte mittelländische Wind der einen freundlich umspielt, mal anstupst. Der Wind dort hat ein anderes Temperament. Ist meilenweit frei und ungehindert über den Atlantik getobt, und es gibt einen Grund, dass er nicht im Landesinneren lebt. Es spiegelt seinen Charakter. Er ist rauh. Er ist alt. Er ist es gewöhnt allein zu sein. Wer sind wir, da zu sein, wo er ist? Zornig rempelt er uns an, will uns einfach nur weg haben. Weg von seinen Klippen, seinen Felsen, und seinen Aussichtspunkten.

Vigo – Parken im Irrsinn und Wandeln im Reich der Möwen

Der Mautweg von Santiago nach Porto überspannt an einer unwirklichen Stelle in einem gewaltigen Brückenschlag eine Ria und gibt den Blick weit auf eine mythische Aussicht frei. Aus der Ria greifen Nebelschwaden nach den Häusern einer Stadt die sich in allen Himmelsrichtungen die umgebenden Hänge hinaufzieht bis sie sich im Dunst verliert. Dazwischen wabert Sonnenlicht. Die Stadt scheint der romantischen Sehnsucht eines Computerspieldesigners entsprungen, die nächste Stadt, in der sein Rollenspielheld gegen das Schicksal ankämpfen kann.

Bei dieser Stadt handelt es sich um Vigo. Unser für die gesamte Reise engagierter Guide Martín versäumt nicht auf die rechteckigen Muschelfarmen hinzuweisen die systematisch angeordnet als künstliche Inseln in der Ria schwimmen. Vigo, die Stadt in der wir auf dem Rückweg Halt machen und eine Fährfahrt zu den paradiesischen Islas de Ciés wagen werden, die jenseits dieses Nebels als Belohnung ausgelobt sind.

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Neurosis | 18.07.11 | Conne Island

Auf dem Straßenbahnweg ins Conne Island können bereits erste Mitbesucher ausgemacht werden, ebenso wie die Verbreitung des Mate.

Die Götter der alten Griechen und Römer und weiterer Mittelmeerkultivierter, wie auch der Nordmänner, waren ehrfurchtgebietende Gesellen.

So wie Licht durch Schatten noch heller scheint, so erstrahlen Bands die vom kreativen Olymp aus geistverzückendes und sinnbenebelndes Donnerwetter auf die Erde herunter schleudern, durch die bloß menschliche Geschicklichkeit von Vorbands die solch herausragende Göttlichkeit missen.

So gibt es Bands die ganz annehmbar elektrische Lautstärke in gängigen Schüttel-das-Haupt-Riffs fabrizieren können und animierend selbst die dazu gehörenden Bewegungen ausführen, was sicherlich für die ersten Stufen pyramidial ansteigender Sludge- und Metal-Core-Bedürfnisse ausreicht. Und es gibt Künstler die der Lautstärke einen Sinn verleihen der über das Schütteln von Gliedmaßen, vornehmlich des Rumpfbereiches, hinaus geht. Die genreüblichen Tonabfolgen variieren sie virtuoser, ebenso wie das ganze Genre. Sie stimmen den Klang ihrer Instrumente für manches Stück neu und anders. Sie klingen auf andere Weise. Sie entwickeln leise Momente. Und doch sind alle Schreitaten vorhanden.

Wohl dem der dies selbst aus leicht erhöhter Warte analysieren kann.

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The Builders and the Butchers ::: Portugal. The Man | 20.06.11 | Werk II, Halle D … Part II

Eine zweite Band schlendert auf die Bühne. In einem Rückblinzeln auf das erste Konzerterleben von Portugal. The Man sehe ich die Sängerfigur mit eingezogenen Schultern, dicht unter sich eingeklemmter Gitarre und unter dunklem Kapuzzenpulli versteckt, maskiert. Kapriziös. Nerdig. Knuffig. Die Band die nun die nebulöse Bühne betritt kann es also nicht sein schlussfolgert das Gehirn dem eine Schmelze unmittelbar bevorsteht, und dann setzt dichtester Gitarrenlärm ein — die Welt flackert — aus dem sich erst nach und nach erkennbar die Sängerstimme und geliebte Melodien herausschälen. Die sonnigen Jungs in hellen hawaiiösen Hemden sind es, sind Portugal. The Man. Metamorphose. Der Sänger mit klarem Blick und offenem Umgang mit dem Publikum. Was ist ihm nur geschehen?

Da sie nach den ersten beiden wildwuchernden Alben mehrere aus-chillernde Alben herausgegeben haben, ist es eine Offenbarung — eventuell eine Wiedererkennende grübelt die Erinnerung und fragt das Alter, doch dieses zuckt nur ohne Interesse die Schulter und blickt sturr nach vorne — diese Chillouts nun mit Gitarren brausend unterspült zu hören, die immer mal wieder eine kurze Öffnung für den Gesang lassen. Die damals leider kaum hörbare Stimme ist heute perfekt mit allem anderen austariert.

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Jeniferever | 4.06.11 | Nato

Sie waren wieder da. VI, III, II. Es klingt etwas Neu darin.

Das Wiedersehen. Mit Jeniferever durch Leipzigs Konzertvenues pilgern. Sie waren im UT, im Panam, in der Mule und nun in der Nato. Und irgendwann in fernen Jahren werden sie hoffentlich jeden angemessenen Ort Leipzigs mit ihrer Musik beehrt haben; sie werden hoffentlich nie von diesen regelmäßigen Besuchen absehen.

Der heutige Bühnenanblick ist ungewohnt. Es ist Platz. Auf der Bühne. Ist es der Blick sonst gewohnt Equipment und Band in kleine Ausschartungen, wenn nötig übereinander, gestopft zu sehen, so ist diesmal um jeden Instrumentenschauplatz eine freie Fläche. Wie lauter kleine Inseln. Der Eindruck wird perspektivisch illusorisch verstärkt, da beispielsweise das Schlagzeug von einer komprimiert gedrungenen Bauweise ist, die auf der relativen Weite der Bühne ihres ursprünglichen Pferchsinns entbehrt.

In der Nato ist es nach der Vorband ruhig wie gebannt. Erwartung. Es ist, besucherseitig, ein kribbeliges Gefühl des Wiedersehens, wenn sie erst einzeln über die Bühne laufen um nochmal vor dem Auftritt ihre Instrumente zu begutachten, um schließlich gesammelt zu erscheinen und unprätenziös loszulegen. Es fühlt sich gut an, vor der Bühne zu sein, während Jeniferever dort oben stehen wie eh, und doch gewachsen. Und wie bei alten Freunden die man nur selten sieht, bemerkt man Veränderungen. Nichts Wesentliches erst. Kleinigkeiten.

So wirken sie, vor allem im Vergleich zum konzertabgekämpften Erscheinen am letzten Tag der vorhergehenden Europatour, dieses Mal aufgeräumt und leicht, frisch und erholt. Keine Spur der ebenso schon lang währenden Tour ist ihnen anzusehen. Doch bei all der Nonchalence des Auftretens, gibt es kein Nachlassen in ihrem Spiel.

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Frank Turner ::: Social Distortion | 2.06.11 | Haus Auensee

Haus Auensee. Wände in Taubenblaugrau. Dunkles Holzgebälk. Und olivgrün verbleichte Vorhänge. Gegen diese Scheußlichkeit kann auch stukkativer Bordürenbogen über der Bühne nichts ausrichten. Schuljunges und wohles Gefühl.

Die Bühne ist dafür geschmackvoll mit USA-Artefakten geschmückt. Knallrote Boxhandschuhe, ein rot-weiß-blaues Glücksrad in Standuhrform. No parking-Schild. Und ein blau leuchtendes American Jesus-Kreuz. Ich kann es aus meiner Perspektive nicht erkennen, bin mir aber sicher dass der ganze Boden mit Stroh ausgelegt ist, um den Bildeindruck zu vervollkommnen.

Nur wenige wartende Weilchen vergehen, in denen die überschaubare Diversität vorhandener Schuharten aus der Sitzperspektive klassifiziert wird. Chucks vs. Adidas mit weißen Streifen vs. Vans. Ballerinas und diverse unter ferner liefen. Weitere Analyseansätze der Publikumshomogenität liefern Tätowiertheitsgrad und Rockabillystil. Doch die visuellen Ausschweifungen werden schon bald durch Unerhörtes unterbrochen. Nie dagewesenes. Revolution!

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